Bei der Frage nach einem möglichen internen Ausgleichsanspruch des Ehegatten, der die Gesamtschuld bedient hat, muss unterschieden werden zwischen dem Fall der Schuldentragung während des Zusammenlebens und dem der Schuldentragung nach Scheitern der Ehe. Für den Fall der Schuldentragung während des Zusammenlebens gilt: Der Ehegatte, der die Schuld bedient hat, hat beim Scheitern der Ehe grundsätzlich keinen Ausgleichsanspruch gegen den anderen aus § 426 BGB. Das beruht darauf, dass in der tatsächlichen Lebensgestaltung – der eine Ehegatte hat die Gesamtschuld bedient, der andere hat andere Beiträge zur ehelichen Lebensgestaltung erbracht – eine anderweitige Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB gesehen wird, die zum Ausschluss eines Ausgleichsanspruchs führt. Das klassische Beispiel ist die Alleinverdienerehe: Wenn allein der Ehemann erwerbstätig ist, ist nur er in der Lage, die Gesamtschuld zu bedienen. Er kann nun genauso wenig beim Scheitern der Ehe dafür eine finanzielle Beteiligung der Frau verlangen, wie diese nicht eine nachträgliche Vergütung für ihre Haushaltsführung fordern kann.
Grundsätzlich gibt es also beim Scheitern der Ehe keinen Ausgleichsanspruch aus § 426 BGB für die Vergangenheit. Ausnahmen sind möglich, aber nur bei Vorliegen von eher seltenen Besonderheiten, auf die ich aus Zeitgründen hier nicht eingehen kann. Zwei Fallgestaltungen möchte ich allerdings noch ansprechen.
Das eine ist der Fall der Doppelverdienerehe. Der BGH hat in viele Jahre zurück liegenden Entscheidungen wiederholt gesagt, bei der Doppelverdienerehe könne etwas anderes gelten als bei der Alleinverdienerehe; bei ihr könne es nämlich angebracht sein, dass der Ehegatte, der eine gemeinsame Schuld bedient habe, beim Scheitern der Ehe einen Ausgleichsanspruch gegen den anderen habe, einen Ausgleichsanspruch, der sich an den beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen orientiere. Diese Sichtweise des BGH ist in der Literatur ganz überwiegend auf Kritik gestoßen, zu Recht: Es kann grundsätzlich keinen Unterschied machen, ob Leistungen auf eine Gesamtschuld in einer Allein- oder in einer Doppelverdienerehe erbracht werden. Auch in der Doppelverdienerehe gilt, dass der eine Ehegatte diese, der andere jene Leistungen erbringt, die die Eheleute als ihre jeweiligen Beiträge zur Lebensgestaltung ansehen und die nach ihrer Vorstellung im Zeitpunkt der Leistungserbringung – während der intakten Ehe (!) – nicht anteilig erstattet werden sollen, solange nichts anderes ausdrücklich vereinbart ist. Auch in der Doppelverdienerehe kann es also für solche Leistungen regelmäßig keinen Ausgleich geben. Der BGH hat nun seit längerer Zeit keine Gelegenheit mehr gehabt, sich zu dieser Frage zu äußern. Ich bin guter Hoffnung, dass er seinen früher vertretenen Standpunkt nicht aufrechterhalten wird.
Das Zweite ist folgende Fallgestaltung:
Ehefrau F ist Alleineigentümerin des Familienheims, das mittels eines gesamtschuldnerischen Kredits der Eheleute finanziert worden ist. Ehemann M hat immer den Schuldabtrag geleistet. Als es zur Trennung kommt, möchte er von F (mindestens) die Hälfte der von ihm geleisteten Raten erstattet haben, und zwar mit dem Argument, er habe den Wertzuwachs ihrer Immobilie bewirkt.
Das Argument, F habe in Form eines Vermögenszuwachses von den durch M erbrachten Leistungen profitiert, lässt sich, wenn die Eheleute im gesetzlichen Güterstand gelebt haben, leicht durch den Hinweis darauf parieren, dass M daran über den Zugewinnausgleich teilhat. Was aber, wenn die Eheleute Gütertrennung vereinbart hatten? Führt dann die Tatsache, dass allein das Vermögen der F von den Zahlungen des M profitiert hat, dazu, dass M ein Ausgleichsanspruch aus § 426 BGB zugebilligt werden muss? Die Antwort der Rechtsprechung lautet: nein. Der Umstand, dass allein die F in Form eines Vermögenszuwachses vom Schuldabtrag profitiert, führt nicht zu einem Ausgleichsanspruch. Die Frage, wer den wirtschaftlichen Vorteil vom Abtrag einer Schuld hat, wer von ihm profitiert, spielt eine wichtige, häufig die ausschlaggebende Rolle, wenn es um Schuldentragung nach Scheitern der Ehe geht. Bei der Schuldentragung während des Zusammenlebens dagegen kann daraus kein Ausgleichsanspruch hergeleitet werden.
Hat M somit im Beispielsfall keinen Anspruch aus § 426 BGB, so wäre es doch verfehlt, den Fall damit als gelöst zu betrachten. Denn es ist noch ein weiterer Aspekt in den Blick zu nehmen: M hat durch seine Zahlungen, jedenfalls durch seine Tilgungsleistungen, das Vermögen der F gemehrt. Man kann seine Beiträge als ehebezogene Zuwendungen ansehen, also als Zuwendungen, die als Beitrag zur Ausgestaltung der Ehe und in Erwartung von deren Fortbestand gemacht worden sind und für die es möglicherweise beim Scheitern der Ehe einen Ausgleichsanspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) geben könnte, nachdem M güterrechtlich an der Vermögensmehrung der F nicht beteiligt wird. Dieser ganz andere rechtliche Ansatzpunkt ...