Harald Vogel2014, 300 Seiten, 74 EUR, Gieseking Verlag
Harald Vogel hat in seiner langjährigen richterlichen Tätigkeit zahlreiche Veröffentlichungen hervorgebracht und wichtige Denkanstöße zu familienrechtlichen Fragen gegeben. In seiner nun vorgelegten – rund 300 Seiten umfassenden – Dissertation, die im Gieseking Verlag erschienen ist, widmet er sich einem sehr speziellen, aber zunehmend praktisch bedeutsamen Thema. Gerade die Tatsache, dass diese Arbeit von einem langjährig tätigen Praktiker gefertigt wurde und das dabei erworbene – für die Praxis bedeutsame – Wissen in die Arbeit einfließen konnte, macht den besonderen Wert dieses Werkes aus, das über die rein wissenschaftliche Auseinandersetzung mit einer Thematik hinausgeht und für die jeweilige Sachverhaltsbearbeitung eine hervorragende Arbeitshilfe zur Verfügung stellt.
Der Einleitung der Arbeit vorangestellt ist ein umfassendes Literaturverzeichnis, aus dem sich bereits ableiten lässt, auf welcher breiten wissenschaftlichen Basis die Arbeit aufbaut. In der Einleitung selbst erläutert der Verfasser wesentliche Begrifflichkeiten und stellt die rechtlichen Grundlagen für freiheitsentziehende Unterbringungen dar, jeweils verbunden mit umfassenden Hinweisen auf Fundstellen in Rechtsprechung und Literatur.
Die Arbeit selbst gliedert sich in zwei Abschnitte, wobei im ersten Abschnitt die materiell-rechtliche Grundlage von Unterbringungen ebenso wie das Verfahrensrecht dargestellt werden. Der Verfasser beginnt seine Ausführungen mit der Schilderung eines konkreten Sachverhaltes und der darauf aufbauenden gerichtlichen Entscheidung. Er leitet hieraus die familiäre Ursächlichkeit in Form von Risikofaktoren für kindliche Auffälligkeiten ab, verbunden nicht nur mit einer umfassenden Darstellung der Entstehungsgeschichte von § 1631b BGB, sondern auch einer Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Norm, bei sorgfältiger Darstellung und Abwägung der hierzu in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen, endend mit einer eigenen Stellungnahme.
Es schließt sich eine Prüfung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 1631b BGB und der damit einhergehenden Rechtsfolgen an. Hierbei stellt der Verfasser die möglichen Unterbringungsformen vor und erläutert ihr jeweiliges Konkurrenzverhältnis. Unter Darstellung der hierzu vertretenen Meinungen legt der Autor seine eigene Stellungnahme dar unter Abwägung der besonderen Situationen, die sich aus der Haltung des betroffenen Kindes sowie der aufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteile ergeben können.
Unter dem Stichwort der familiengerichtlichen Genehmigung diskutiert Vogel zunächst die Frage, ob eine amtswegige Einleitung zu erfolgen hat oder ein Antragserfordernis gilt, bevor er dann mit Blick auf freiheitsentziehende Unterbringungen Minderjähriger die Arten der Unterbringung darstellt und den Begriff der Freiheitsentziehung erläutert unter umfassender Abwägung der vom Gesetzgeber dafür aufgestellten Merkmale. Seine eigene Stellungnahme rundet er ab mit einem Rückgriff auf das supranationale Recht.
Die besonderen praktischen Bezüge der Arbeit werden verdeutlicht im Zusammenhang mit der Verknüpfung des Kindeswohls und der Prüfung einer Eigen- oder Fremdgefährdung. Hier hebt der Autor nicht nur die Bedeutsamkeit des zu führenden richterlichen Vorgespräches hervor, sondern unterlegt dies auch mit einer eindrucksvollen Darstellung von Beispielssachverhalten.
Der erste Abschnitt des Werkes wird abgerundet durch eine Darstellung der völkerrechtlichen Verträge und des zu wahrenden Grundrechtsschutzes im laufenden Verfahren. Hierbei listet der Autor die geltenden juristischen Standards auf für Verfahren mit freiheitsentziehender Unterbringung, jeweils aus der richterlichen Perspektive sowie den Aufgabenbereichen des Verfahrensbeistandes, des Jugendamtes und des Sachverständigen folgend. Besonders hervorzuheben als praktische Hilfe ist hier die Zusammenfassung des Verfahrensganges nach dem FamFG.
Im zweiten Abschnitt widmet sich der Verfasser sodann den empirischen Untersuchungen unter Darstellung der ausgewerteten Ergebnisse herangezogener familiengerichtlicher Akten aus den Jahren 2008 bis 2011. Die zeitliche Wahl wurde dabei von dem Verfasser bewusst getroffen unter Berücksichtigung des zum 1.9.2009 in Kraft getretenen FGG-RG und dem damit möglichen Vergleich der Verfahren nach altem und neuem Recht.
Die vorgenommene Aktenanalyse und Auswertung orientiert der Autor an verschiedenen Variabeln, wie etwa sozio-demographischen Merkmalen, der Familiensituation oder verfahrensrechtlichen Aspekten.
Abschließend fasst der Autor seine Untersuchungen in Thesen zusammen, verbunden mit Empfehlungen an den Gesetzgeber zur Verfahrensausgestaltung.
Im Anhang werden nicht nur die bundesweit zur Verfügung stehenden Jugendhilfeeinrichtungen aufgelistet, sondern auch eine Checkliste der im Genehmigungsverfahren zu prüfenden Voraussetzungen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass Harald Vogel mit seiner Dissertation ein Werk zur Verfügung gestell...