Zu folgenden Sachverhalten sind im Berichtsjahr Entscheidungen ergangen:
Zuständigkeit nach § 266 FamFG angenommen:
1. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die familiengerichtliche Zuständigkeit für einen Drittwiderspruchsantrag gegen die Anordnung der Teilungsversteigerung gemeinsamen Immobilieneigentums der Ehegatte angenommen, und dies 12 Jahre nach deren Scheidung. Obiter dictu hat der BGH festgestellt, dass die zuständigkeitsrechtliche Behandlung durch das Oberlandesgericht im Hinblick auf § 266 FamFG den BGH hinsichtlich seiner eigenen Beurteilung nicht bindet. Im Übrigen sei für das Tatbestandsmerkmal "Zusammenhang" des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG zwar auch der zeitliche Zusammenhang beachtlich, also die Distanz zwischen Trennung/Scheidung und dem Verfahren. Eine feste Zeitgrenze gebe es hierbei aber nicht. Der zeitliche Zusammenhang sei nur dann zu verneinen, wenn im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung der familienrechtliche Bezug völlig untergeordnet sei.
2. Nach einer Entscheidung des XII. Senats des Bundesgerichtshofs können Streitigkeiten aus Mietverträgen zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkind anlässlich der Trennung ihres Kindes vom Schwiegerkind als sonstige Familiensachen nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG zu qualifizieren sein. Der BGH hat in dieser Entscheidung, die deshalb auch besonders lesenswert ist, die maßgeblichen Kriterien zusammengefasst:
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Sachnähe des Familiengerichts; es soll dem Familiengericht möglich sein, alle durch den sozialen Verband von Ehe und Familie sachlich verbundenen Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden. |
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Der Rechtsstreit muss durch die betroffenen familienrechtlichen Verhältnisse nicht unwesentlich mitgeprägt sein. Dies ist nicht der Fall, wenn der familienrechtliche Bezug völlig untergeordnet ist. |
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Der erforderliche inhaltliche Zusammenhang kann rechtlicher oder wirtschaftlicher Art sein. |
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Trennung oder Scheidung müssen für die geltend gemachte Rechtsfolge ursächlich sein. Nicht erforderlich ist, dass die Ansprüche ihren Grund in der Ehe haben oder aus dieser herrühren. |
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Zwischen der ausschließlichen Zuständigkeit der allgemeinen Zivilabteilung des Amtsgerichts (die auf deren besonderen Rechtskenntnissen auf dem Gebiet des Wohnraummietrechts beruht) und der Zuständigkeit des Familiengerichts nach § 266 FamFG besteht eine Zuständigkeitskonkurrenz. Ein "Hinübergreifen" in das Wohnungsmietrecht sei dem Familienrecht ohnehin nicht fremd, wie § 1568a Abs. 3 BGB zeige. |
3. Die Zivilabteilung des Amtsgerichts Bad Driburg verwies eine Streitsache an das Familiengericht. Die getrennt lebende Ehefrau hatte nach der Aufgabe der Ehewohnung durch beide Ehegatten dem Ehemann neuen Wohnraum zur Verfügung gestellt und machte nunmehr einen Anspruch auf Wohnraumräumung geltend. Es bestand kein Mietverhältnis, sondern ein Leihvertrag.
Zuständigkeit nach § 266 FamFG verneint:
Zwei türkische getrennt lebende Ehegatten stritten um eine Nutzungsentschädigung, die der Ehemann für seine in Deutschland belegene Wohnung verlangte. Das Familiengericht hatte eine sonstige Familienstreitsache gemäß § 266 FamFG angenommen und hatte sich dabei wohl von der Überlegung leiten lassen, dass § 1361b BGB gemäß seiner systematischen Stellung im 4. Buch Abschnitt 1 Titel 5 BGB den allgemeinen Ehewirkungen zuzurechnen sei, bei denen sich das internationale Sachrecht nach Art. 14 EGBGB richte. Nach Art. 17a EGBGB sei aber deutsches Sachrecht anzuwenden, und zwar § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB (als lex specialis zu §§ 743 ff. BGB), und eine solche Ehewohnungssache sei nicht sonstige Familiensache i.S.d. § 266 FamFG, so das OLG Frankfurt. Ob dies aus einem Umkehrschluss aus § 112 FamFG folgt, wie ihn das OLG gezogen hat (es könnte sich um einen Zirkelschluss handeln, da "sonstige Familiensachen" Tatbestandsmerkmal der Vorschrift ist), oder bereits aus § 111 FamFG (Sachen, die nach § 111 FamFG Familiensachen sind, sind niemals sonstige Familiensachen nach § 112 FamFG), steht im Ergebnis dahin: Die Entscheidung ist richtig; so auch das OLG Brandenburg im Berichtsjahr.