I. Einleitung
Nach der h.M. in Literatur und Rechtsprechung kann die nichteheliche Lebensgemeinschaft eine Innengesellschaft darstellen. Dieses Eigengebilde der BGB-Gesellschaft zeichnet sich durch eine fehlende Außenwirkung aller Gesellschafter aus. Meist tritt dabei nur ein Partner im Rechtsverkehr auf, währenddessen der andere lediglich finanzielle oder sachliche Ressourcen zur Verfügung stellt.
Mit dieser Abhandlung wird der Frage nachgegangen, ob sich vor dem Hintergrund der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nach Beendigung dieser Beziehung – gleich ob durch Tod oder durch Trennung – tatsächlich noch gesellschaftsrechtliche Ansprüche in Hinblick auf die Auseinandersetzung der Vermögenswerte im Sinne von §§ 730, 738 BGB in der Praxis ergeben können. Vorausgesetzt wird bei der Betrachtung, dass die beiden Partner keine eigenen schriftlichen vertraglichen Abreden getroffen haben, die ansonsten vorrangig zu prüfen wären. Weiter werden die durchaus möglichen weiteren Ansprüche aus § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt BGB und Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB bzw. Ansprüche aus Schenkungsrecht ausgeblendet, die bei der praktischen Fallbearbeitung mit zu prüfen sind. Der Fokus wird alleine darauf gerichtet, welche Auswirkungen die Rechtsprechung des BGH – die nunmehr einen konkludenten Vertragsschluss für gesellschaftsrechtliche Ansprüche voraussetzt – auf die Praxis hat, und welche Hürden sich daraus für die Darlegungs- und Beweislast des jeweiligen Anspruchstellers ergeben.
Die Prüfung erfolgt anhand von vier Fallgruppen, die verschiedene Konstellationen des Zusammenlebens und der Trennung beinhalten. Selbstverständlich erheben die Fallgruppen keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber anhand ihrer Darstellung wird deutlich, welche Besonderheiten sich auch bei möglichen Variationen ergeben können.
Fall 1
Es sind keine nennenswerten Vermögenswerte geschaffen oder erhalten worden. Die Leistung eines Partners beschränkte sich auf die unentgeltliche Pflege des anderen Partners, der verstarb. Der überlebende Partner zieht in Betracht, Ansprüche gegenüber den Erben einzufordern.
Abwandlung:
Ein Partner, der kein eigenes nennenswertes Vermögen besitzt, übernimmt während der Dauer des Zusammenlebens (20 Jahre) über einen Zeitraum von fünf Jahren die Vermietung von Wohnungen des anderen Lebenspartners bis zu dessen Tod. Er organisiert alleine den Verkauf von Mietshäusern, da dieser krankheitsbedingt hierzu nicht mehr in der Lage ist. Während der Dauer der Vermögensverwaltung entsteht ein Vermögenszuwachs von 100.000 EUR. Nach dem Tod des Lebenspartners wird gegenüber dessen Erben Ausgleich im Sinne von §§ 730, 738 BGB beansprucht, da eine testamentarische Begünstigung nicht mehr vollzogen werden konnte.
Fall 2 (Abwandlung frei nach BGH vom 9.7.2008, FamRZ 2008, 1822–1829)
Beide Partner gründen einen Betrieb, bei dem einer finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, der andere in Form einer selbstständigen Tätigkeit seine berufliche Qualifikation einbringt. Im Laufe der dreijährigen Beziehung entsteht ein betriebliches Vermögen von 80.000 EUR. Nach einem Zerwürfnis trennen sich beide Partner und stellen gegenseitige Ansprüche auf gesellschaftsrechtliche Grundlage.
Fall 3
Das zum Eigentum der Lebensgefährtin gehörende baufällige Einfamilienhaus wird durch die Arbeitsleistung des nicht von Berufs wegen qualifizierten Lebenspartners renoviert. Diese Tätigkeit hat einen "Marktwert" von 20.000 EUR. Zusätzlich wendet dieser eigene Barmittel in Höhe von 70.000 EUR auf. Danach darf er in das Haus seiner Lebensgefährtin einziehen. Zwei Jahre danach kommt es zur Trennung, der Partner verlangt von seiner Lebensgefährtin den Ausgleich seiner Leistungen im Sinne von §§ 730, 738 BGB.
Fall 4
Die Lebensgefährtin tritt für sieben Jahre als ausgebildete Arzthelferin in die bestehende Arztpraxis zur Anstellung bei ihrem Freund ein, indem sie die Buchhaltung und die Bürokommunikation übernimmt. Nebenbei akquiriert sie in erheblichem Umfang neue Privat-Patienten. Die Arztpraxis hat dadurch eine Wertsteigerung von 100.000 EUR erfahren. Nach einem Zerwürfnis beansprucht sie einen Ausgleich nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen.
Zur Beurteilung der Rechtslage wird der Meinungsstand in der Rechtsprechung und Literatur zu gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Folgenden dargestellt.
II. Sachstand in der Rechtsprechung
Seit dem Jahr 1991 verfolgte der BGH die "Theorie der Wertschöpfung" und leitete allein hieraus mögliche Ansprüche der Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nach der Beendigung der Beziehung ab. Dabei kam es maßgeblich nicht auf die formal-dingliche Zuordnung des genutzten Vermögensgegenstandes an, von Bedeutung war vielmehr, ob es im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu ei...