a) Die internationale Zuständigkeit für Unterhaltsverfahren bestimmt sich nach der Verordnung EG Nr. 4/2009 vom 18.12.2009 = UntVO. Die Unterhaltsverordnung gilt universell (Art. 1 der UntVO). Sie gilt für sämtliche Unterhaltsansprüche und damit auch für den Verwandtenunterhalt. Zweifelhaft ist zwar, ob die Verordnung auf Unterhaltsansprüche aus Lebensgemeinschaften ohne Eheschließung anzuwenden ist. Im Ergebnis sollte jedoch davon ausgegangen werden, da eine generelle Geltung der Unterhaltsverordnung beabsichtigt war, so dass auch diese Ansprüche erfasst sind.
Ebenso gilt die Verordnung für Unterhaltsansprüche unter Lebenspartnern nach dem Lebenspartnergesetz. Zweifelhaft ist, ob die Unterhaltsverordnung auch für sogenannte novierende Unterhaltsvereinbarungen gilt. Unter solchen Vereinbarungen sind Vereinbarungen zu verstehen, die eine Unterhaltsverpflichtung ohne die gesetzlichen Beschränkungen schafft. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Anwendungsbereich der Verordnung weit zu fassen ist. Soweit die Unterhaltsvereinbarung trotz Schaffung eigenständigen Rechtes außerhalb der gesetzlichen Bestimmungen ihre Ursache darin findet, dass eine familiäre Beziehung eingegangen worden ist, sollten auch auf sogenannte novierende Unterhaltsvereinbarungen die Vorschriften der Unterhaltsverordnung angewandt werden.
Nicht anwendbar ist die Verordnung auf Unterhaltsansprüche, die aus dem Deliktsrecht stammen.
b) Die internationale Zuständigkeit in Unterhaltssachen ergibt sich aus Art. 3 der VO. Die Zuständigkeit ist alternativ unter folgenden Voraussetzungen begründet:
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Aufenthaltsort des Beklagten |
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Aufenthaltsort des Unterhaltsberechtigten |
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Gerichtsort eines Verbundverfahrens, es sei denn, die Zuständigkeit begründet sich einzig auf die Staatsangehörigkeit einer der Parteien. |
Unabhängig von Art. 3 ist in Art. 6 der VO eine Auffangzuständigkeit geregelt. Danach ist hilfsweise die Zuständigkeit dann begründet, wenn das Gericht des Mitgliedstaates der gemeinsamen Staatsangehörigkeit angerufen wird. Aus Art. 7 ergibt sich eine Notzuständigkeit. In Ausnahmefällen können Gerichte eines Mitgliedsstaates über den Rechtstreit entscheiden, wenn es dem Antragsteller nicht zumutbar ist oder es sich als unmöglich erweist, ein Verfahren in einem Drittstaat, zu dem der Rechtstreit einen engen Bezug aufweist, einzuleiten oder zu führen.
Bei den in der Unterhaltsverordnung getroffenen Zuständigkeiten handelt es sich nicht um ausschließliche Zuständigkeiten.
Durch rügelose Einlassung kann die Zuständigkeit eines an und für sich nicht zuständigen Gerichtes begründet werden (Art. 5). Gerichtsstandsvereinbarungen sind zulässig. Es können Gerichtsstandsvereinbarungen über die folgenden Gerichtsorte getroffen werden:
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Gericht des Mitgliedstaates, in dem eine der Personen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat |
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Gericht des Mitgliedstaates, dessen Staatsangehörigkeit eine der Parteien besitzt |
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Gerichtsort der Ehesache bei Ehegattenunterhaltsansprüchen |
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Gerichtsort des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes |
Die Gerichtsstandsvereinbarung bedarf der Schriftform (Art. 4 Abs. 2).
In Bezug auf die örtliche Zuständigkeit ist die Besonderheit des Ausführungsgesetzes (AUG = Auslandsunterhaltsgesetz; Zitat: Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten vom 23. Mai 2011, Bundesgesetzblatt I, S. 898) zu beachten. Von besonderer Bedeutung ist § 28 AUG. Danach ist die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichtes am Sitz des Oberlandesgerichtes gegeben, wenn es um einen Unterhaltsrechtsstreit geht, bei dem einer der Beteiligten seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hat.
Für den Gerichtsbezirk des Kammergerichtes Berlin ist die örtliche Zuständigkeit des Gerichtes Berlin Pankow-Weißensee angeordnet.
Beispiel: Die deutsche Unterhaltsberechtigte lebt in Kiel, der Unterhaltsverpflichtete in Paris. Die Unterhaltsberechtigte ist nach Art. 3b der Unterhaltsverordnung berechtigt, das Verfahren an ihrem Wohnort durchzuführen. Zuständig ist daher eigentlich das Familiengericht in Kiel. Wegen § 28 AUG gibt es jedoch eine Zuständigkeitskonzentration am Sitz des jeweiligen Oberlandesgerichtes. Für Kiel ist das Oberlandegericht Schleswig zuständig; örtlich zuständig damit das Amtsgericht in Schleswig.
Ob diese Bestimmung europarechtlich zulässig ist, ist umstritten. Eine Entscheidung des EUGH dazu liegt noch nicht vor.
c) Für einstweilige Anordnungen schafft Art. 14 eine Sonderzuständigkeit. Maßnahmen, die auf eine Sicherung von Unterhaltsansprüchen gerichtet sind, können bei den Gerichten jedes Staates eingeleitet werden, wenn dort die Sicherungsmaßnahme durchzuführen ist, und zwar auch dann, wenn in der Hauptsache das Gericht eines anderen Mitgliedsstaates zuständig ist. Für die materiellen Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes ist auf die Rechtsprechung des EUGH zu verweisen. Ob die vom EUGH entwickelten Einschränkungen des einstweiligen Rechtsschutzes, insbesondere die Verpflichtung zur E...