BGB § 1626a Abs. 2
Leitsatz
Aus der Neuregelung des § 1626a Abs. 2 BGB ergibt sich ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten der gemeinsamen elterlichen Sorge. Der Antrag des bisher nicht sorgeberechtigten Vaters, ihm das Mitsorgerecht zu übertragen, kann daher nur abgewiesen werden, wenn mit erheblicher Gewissheit festgestellt werden kann, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widersprechen würde.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 9.12.2013 – 7 UF 1195/13 (AG Nürnberg)
1 Aus den Gründen:
I. Der Antragsteller, geboren … 1952, deutscher Staatsangehöriger, und die Beteiligte Y, geboren … 1976, deutsche Staatsangehörige, sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des Kindes Z, geboren … 2006. Eine gemeinsame Sorgeerklärung ist bisher nicht abgegeben worden.
…
Die Eltern von Z lernten sich 2005 in der baptistischen Kirchengemeinde "…" in N. kennen. Nach einer kurzen Phase des Zusammenlebens trennten sie sich bereits vor der Geburt von Z wieder. Z kam ohne linkes Zwerchfell zur Welt, welches in vier Folgeoperationen künstlich implantiert werden musste. Z musste nach ihrer Geburt für ca. 4 ½ Monate im Krankenhaus bleiben. Mit 3 ½ Jahren wurde bei ihr ein Hörschaden festgestellt, welcher als Spätfolge der im Kleinkindalter erforderlichen Operationen, nach denen Z teilweise in künstliches Koma gesetzt wurde, angesehen wird. Wegen dieses Gehörschadens besucht Z seit Sommer 2013 eine Gehörlosenschule, in welcher sie besondere Förderung erfährt. Seit ihrer Geburt hat Z beständig Umgangskontakt zum Vater. Während der Phasen seiner Erwerbstätigkeit wurde, berufsbedingt, Umgang meist einmal pro Woche zu unterschiedlichen Zeiten gepflegt. Seit Beginn seiner Arbeitslosigkeit haben sich die Eltern darauf verständigt, dass Z sich im Abstand von 14 Tagen jeweils von Freitag bis Sonntag bei dem Vater zur Ausübung von Umgang aufhält. …
Mit Datum vom 16.7.2012 hat der Antragsteller bei dem Amtsgericht – Familiengericht – Nürnberg beantragt, ihm das gemeinsame Sorgerecht für Z zu übertragen.
Zur Begründung hat er vorgetragen, er befürchte, die Mutter werde mit ihrem neuen Partner die Ehe eingehen, weshalb die Gefahr bestehe, dass er seiner Tochter entfremdet werde. Hinzu komme, dass er mit Z seit ihrer Geburt regelmäßig Umgang pflege, was die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes positiv beeinflusst habe. An der Erziehungsfähigkeit der Mutter habe er keine Zweifel. Er halte sie für eine gute und liebevolle Mutter und sei überzeugt, dass es dem Wohl von Z schaden würde, wenn sie der Obhut der Mutter entzogen würde. Sollte die Mutter in Erziehungsaufgaben seiner Hilfe bedürfen, sei er bereit, ihr mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Richtig sei, dass er das Medium Fernsehen ablehne, jedoch führe diese Ablehnung nicht dazu, dass er in missionarischer Weise versuche, andere zu überzeugen. Er könne durchaus akzeptieren, dass Z bei ihrer Mutter fernsehen dürfe. Auch lehne er den Einsatz von Tabletten, Spritzen und Narkosen bei Kindern nicht grundsätzlich ab. Er würde Z ohne zu zögern zum Arzt bringen, wenn diese krank wäre. Tiefgreifende Konflikte, was künftige Entscheidungen zu ärztlichen Behandlungsmaßnahmen angehe, seien deshalb nicht zu erwarten. Er sei bereit und in der Lage, sich mit der Mutter vernünftig über derartige Fragen auszutauschen.
Die Beteiligte Y hat sich im amtsgerichtlichen Verfahren gegen die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge ausgesprochen. Sie hat erklärt, bei dem Antragsteller handele es sich um eine höchst problematische Persönlichkeit. Bereits jetzt werde sie von ihm laufend mit irgendwelchen Vorschriften oder Vorhaltungen überhäuft, mit denen er seine teilweise "kruden" Weltanschauungen durchsetzen wolle. Zum Beleg hierfür hat sie ein Schreiben des Antragstellers vorgelegt, in welchem sich der Antragsteller dafür ausspricht, das Medium Fernsehen grundsätzlich abzuschaffen. Der Antragsteller sei extrem herrschsüchtig und dominant. Offensichtlich habe ihn seine Zeit bei der Fremdenlegion geprägt. Er besitze ein hohes Konfliktpotenzial, welches sich in seiner Ehe in zahlreichen Polizeieinsätzen aufgrund körperlicher Gewalt manifestiert habe. Darüber hinaus lehne er, wenn es gerade in seine Argumentationsschiene passe, den Einsatz von Tabletten, Spritzen und Narkosen bei Kindern ab. Die letzte diesbezügliche Diskussion habe es anlässlich einer Zahn-OP von Z gegeben. Weitere Diskussionen seien angesichts der gesundheitlichen Probleme des Kindes absehbar.
Das Amtsgericht – Familiengericht – Nürnberg hat mit Beschl. v. 17.7.2013 den Antrag des Vaters zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Antragsteller auch nach erfolgter Gesetzesänderung die gemeinsame elterliche Sorge nicht übertragen werden könne, weil diese Entscheidung dem Kindeswohl widerspräche. Die Einschätzung der Mutter, der Antragsteller sei herrschsüchtig und dominant, sei zwar nicht objektiv nachprüfbar, das von der Mutter geschilderte subjektive Empfinden sei jedoch durch das Gutachten bestätigt. Auch in dem Verfahren … sei deutlich geworden, dass sich die Mutte...