Die juristische Ausblendung von Familienarbeit trifft bisher statistisch ganz überwiegend Frauen. Familienarbeit ist ein Genderthema. Warum aber wird Familienarbeit kaum als Genderthema wahrgenommen, auch nicht, vor allem nicht von Frauen, von Juristinnen? Möglicherweise gibt es eine Art selbstverordnetes Schweigegebot: Wer als Frau, insbesondere als Juristin, Erfolg haben will mit oder ohne Kind, weiß intuitiv, dass sie nie über Überlastung klagen oder über Genderbenachteiligung reden sollte, das nervt und führt zu gar nichts. Dazu passen wirkungsmächtige gesellschaftliche Narrative, die auf eine Individualisierung der Probleme und Verschleierung ihrer gesellschaftlichen Dimension zielen: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nur eine Frage der Organisation, wer etwas leistet, schafft es auch und bekommt, was er verdient; wer es nicht schafft, hat etwas falsch gemacht oder es nicht wirklich gewollt. Genüsslich werden Karrierefrau gegen Familienmutter ausgespielt, Karikaturen wie die der nägellackierenden Chefarztgattin gepflegt, die nach Jahren des süßen Nichtstuns im Luxus einer Diskrepanzehe auch noch Geld will. Außerdem ist Familienarbeit/care work kein klassisches feministisches und gleichstellungspolitisches Anliegen; bisher geht es in der gesellschaftspolitischen Diskussion fast ausschließlich um die Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben und um die Befreiung der Frau von Familienarbeit und Familie, nicht dagegen um eine angemessene Anerkennung von Familienarbeit.

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