Elternschaft ist ohne stabile Partnerschaft möglich. Die "vertragliche Konstruktion" von Ehe/Partnerschaft führt dazu, dass Eltern ihre Beziehungen ohne ausreichende Rücksicht auf das Kind oder auch zu Lasten des Kindes gestalten und vor allem auch einseitig beenden können. Bricht die Familie auseinander, ist jeder Partner spätestens seit der Unterhaltsreform schnell wieder finanziell für sich selbst verantwortlich. Hat er oder sie erwerbswirtschaftlich während der Partnerschaft zugunsten von Arbeit in und für Partnerschaft und Familie zurückgesteckt, dann gibt es jetzt eine schmerzliche Quittung, die möglicherweise auch wieder auf das Kind durchschlägt. Das löst keine gesellschaftspolitische Empörung aus Die Botschaft ist derzeit eindeutig: Fürsorge für Kinder zu Lasten der eigenen Erwerbsbiographie ist nicht förderungswürdig, Leitbild ist die Vereinbarkeit von Familie und Vollzeiterwerbstätigkeit. Infolgedessen sieht sich der Staat herausgefordert, entsprechend flächendeckende und kostengünstige Angebote für die Kinderbetreuung zu machen und Anreize zu unterbinden, Kinder bis zu einem gewissen Alter ausschließlich in der Familie zu erziehen. Ideologisch abgefedert wird diese Linie teilweise mit dem Argument, Kinder (auch U3) seien in einer professionellen Tagesstätte ohnehin besser aufgehoben als bei amateurmäßig agierenden Eltern. Für die Arbeitswelt werden Rahmenbedingungen angemahnt, die eine angemessene work-life-balance ermöglichen. Wer Zweifel an der praktischen Brauchbarkeit von Familienmodellen wagt, die Elternschaft mit einer gleichwertigen Berufstätigkeit beider Partner verbinden wollen, ist in Gefahr, als rückständig abgestraft zu werden. Selten wird offen ausgesprochen, dass – wie prominente Beispiele zeigen – die Vereinbarkeit von Beruf und Familie derzeit ganz maßgeblich davon abhängt, dass ausreichend Geld für professionelle Haushaltsführung und private Kinderbetreuung vorhanden ist. Nur sehr vereinzelt meldet sich Widerspruch, wird eine "Vereinbarkeitslüge" bzw. "Alles-ist-möglich-Lüge" thematisiert und über mögliche Überforderung von Eltern und Kindern und über Gefahren für die Lebensqualität gesprochen. Das noch sehr leise Unbehagen bringt Leander Scholz (kein Jurist, sondern habilitierter Philosoph) auf die Formel, die Familienpolitik aller Parteien vermittle den Eindruck, ihr Ziel sei die Schaffung von Bedingungen, die es Eltern ermöglichen, sich zu verhalten, als ob sie keine Kinder hätten. Im Vordergrund der öffentlichen Wertschätzung stehe das Erwerbsleben der Eltern, das durch Kinder möglichst wenig beeinträchtigt werden dürfe. Das ist sicher überspitzt. Aber Wahlfreiheit sieht anders aus. Mütter oder Väter, die nicht oder in Teilzeit erwerbstätig sind, stehen unter Rechtfertigungsdruck. Eine positive Wertschätzung ihrer Arbeit und ihrer Fürsorge für die Familie ist selten wahrnehmbar.