Durch die Verweisung auf den Verwandtenunterhalt ist der Anspruch aus § 1615l BGB zum Teil völlig anderen Einwendungen ausgesetzt als der Betreuungsunterhalt der geschiedenen Mutter. In diesem Fall wird die geschiedene Ehefrau teils stark benachteiligt, teils im Hinblick auf die Kinderschutzklausel des § 1579 BGB auch begünstigt.
Für den Anspruch der Mutter eines nichtehelichen Kindes verweist § 1615l Abs. 3 S. 1 BGB auf § 1611 BGB. Und danach kann der Unterhalt der Mutter in drei Fällen gesenkt oder bei grober Unbilligkeit sogar ganz gestrichen werden:
- wenn sie durch ihr sittliches Verschulden bedürftig geworden ist (wobei die Tatsache, dass sie dieses uneheliche Kind hat, natürlich nicht als sittliches Verschulden gewertet werden darf);
- wenn sie ihre eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Vater gröblich vernachlässigt hat;
- wenn sie sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Vater oder dessen nahe Angehörige schuldig gemacht hat.
Das sind enge Ausnahmetatbestände, die ersten beiden spielen in der Praxis eine nur geringe Rolle.
Demgegenüber hat die geschiedene Mutter einen regelrechten Hindernislauf über die vielfältigen Einwendungen zu absolvieren, die dem Verpflichteten zur Verfügung stehen. Zunächst muss sie über die Hürde § 1578b BGB hinwegkommen, dann auch noch die acht (!) Härtegründe des § 1579 BGB überstehen. Ich erspare den Lesern, die Fälle im Einzelnen durchzudeklinieren – es ist offenbar, dass der Anspruch der Mutter eines nichtehelichen Kindes ungleich bestandsfester erscheint als derjenige der geschiedenen. Trotz der Schieflage nimmt die Rechtsprechung in diesem Punkt keine Angleichung vor – maßgeblich soll allein die Regel des § 1611 BGB sein, nicht des hoch aufgerüsteten § 1579 BGB.
Ist das gerechtfertigt? Einer generellen Anwendung des § 1579 BGB auf § 1615l BGB steht freilich entgegen, dass einige Nummern des üppigen Versagungskatalogs eindeutig nur für Ehegatten passen, z.B. grobe Unbilligkeit wegen kurzer Ehedauer (Nr. 1) oder wegen gröblicher Verletzung der Unterhaltspflicht (Nr. 6). Bei anderen Nummern ist das nicht so eindeutig, z.B. bei § 1579 Nr. 2 BGB – verfestigte Lebensgemeinschaft. Hier lässt der BGH die Frage einer analogen Anwendung noch offen; im konkreten Fall genügte es, dass die Mutter sich ein fiktives Entgelt für die Haushaltsführung in der neuen Partnerschaft anrechnen lassen musste. Riskiert also die Mutter eines nichtehelichen Kindes ihren Anspruch, wenn sie eine neue Beziehung aufnimmt? Was hat die Kindesbetreuung, um die es ja geht, mit einer neuen Partnerschaft der Mutter zu tun? Ist diese Mutter gehalten, fortan zölibatär zu leben oder die Sexualpartner häufig zu wechseln, um ihren Unterhaltsanspruch zu retten?
Unabhängig davon, welche der einzelnen Nummern des § 1579 BGB möglicherweise auf den Anspruch aus § 1615l BGB analog angewendet werden könnten, bleibt die Hauptfrage: Warum besteht überhaupt die extreme, wohl nicht reflektierte Diskrepanz?