In der Frage, ob die Lebensstellung einer Mutter auf die Zeit der Geburt eingefroren wird, ist glücklicherweise Bewegung in die Judikatur gekommen, schon in der genannten Entscheidung von 2010 hat der BGH eine Tür offen gehalten: Der Betreuungsunterhalt aus Anlass der Betreuung und Erziehung eines weiteren Kindes könne – so sagt der Gerichtshof – "allenfalls dann" auf einen höheren Unterhaltsbedarf gerichtet sein, wenn der betreuende Elternteil zwischenzeitlich, z.B. durch ein nachhaltig gesichertes höheres Einkommen, eine höhere Lebensstellung erworben habe.[12] Demzufolge kann die Mutter auch nach der Geburt des ersten Kindes durch berufliche Entfaltung ihre Lebensstellung noch erhöhen. Allgemein hat der BGH im Jahre 2015 befunden, dass die Lebensverhältnisse der Mutter nicht auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes festgeschrieben sind[13] – es handelte sich um eine Studentin, deren Bedarf sich durch einen späteren Studienabschluss noch erhöhen konnte. Der BGH stellt nun auf dasjenige Einkommen der Mutter ab, das sie jetzt ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes hätte. Wie weit diese Vorstellung einer Wandelbarkeit der Lebensstellung noch trägt, bleibt abzuwarten. Ich sehe in der Änderung der Rechtsprechung eine begrüßenswerte Überwindung schadensersatzrechtlichen Denkens.

[13] BGH FamRZ 2015, 1369 Rn 34; siehe auch OLG Köln FamRZ 2017, 1309.

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