Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch setzt voraus, dass der (vormals) betreuende Elternteil anstelle des barunterhaltsverpflichteten Elternteils auch die für den Unterhalt notwendigen Barmittel aufgebracht hat. Wird das behauptet, schließt sich zwanglos die Frage an, in welcher Höhe dies geschehen ist. Dass der Ausgleichsanspruch nicht über den geschuldeten Unterhalt hinausgehen kann, liegt auf der Hand. Er wird aber auch begrenzt durch den vom eingetretenen Elternteil tatsächlich aufgewendeten Betrag, eine eventuelle Differenz zwischen dem verauslagten Betrag und dem geschuldeten Unterhalt stünde weiterhin dem Kind zu. Fraglich ist jedoch, wie sich die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Verfahren darstellt.
Hierzu werden unterschiedliche Ansichten vertreten:
Nach einer Ansicht besteht eine Vermutung dafür, dass der Barbedarf durch den Ausgleichsberechtigten in Höhe des gegen den anderen Elternteil bestehenden Unterhaltsanspruchs gedeckt worden ist, wenn Barunterhalt nicht geflossen ist und er das Kind betreut und versorgt hat. Erst wenn der Verpflichtete einen geringeren Aufwand behauptet, müssen die Baraufwendungen im Einzelnen belegt werden. Nach anderer Ansicht gilt dies nur für den Mindestbedarf im Sinn von § 1612a BGB, bei dem eine tatsächliche Vermutung dafür spreche, dass diese Mittel aufgebracht werden mussten und konnten, so dass es keines weiteren Nachweises bedürfe. Soweit der einkommensbezogen errechnete Unterhalt allerdings aus höheren Gruppen der Düsseldorfer Tabelle verlangt wird, muss nach dieser Ansicht vorgetragen und gegebenenfalls belegt werden, dass der Obhutsinhaber den höheren Betrag tatsächlich aufgewendet hat.
Geht man von dem eingangs geschilderten Sachverhalt aus, erscheint es fraglich, ob sich die Vermutung, der Unterhalt sei in der geschuldeten Höhe vorfinanziert worden, rechtfertigen lässt. Das gilt erst recht dann, wenn das Gericht – wie nicht selten – gerade aufgrund der Angaben des Ausgleichsberechtigten Kenntnis vom eher wahrscheinlichen Gegenteil hat. So umfasst die Argumentation im Ausgleichsverfahren doch oftmals die Schilderung der erheblichen Mühen, die der Ausgleichsberechtigte auf sich nehmen musste, um trotz geringer eigener Barmittel auch noch den Barbedarf des Kindes befriedigen zu können. Nichts anderes kann gelten, wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Ausgleichsberechtigten aus einem Verfahrenskostenhilfeantrag bekannt sind. Zutreffend erscheint es daher, eine Verauslagung des Barbedarfs nur in Höhe des Mindestbedarfs zu vermuten und dem Ausgleichsberechtigten die Darlegungs- und Beweislast für einen darüber hinausgehenden Aufwand als eine seinen Anspruch begründende Tatsache zu überbürden, auch wenn es sich bei dem familienrechtlichen Ausgleichsanspruch nicht um einen Aufwendungsersatzanspruch handelt. Im Hinblick auf die zu diesem Punkt vertretenen verschiedenen Meinungen sollte der vorsichtige Ausgleichsberechtigte ohnehin diesen Weg wählen und gegebenenfalls sogleich seine Leistungsfähigkeit für einen höheren als den Mindestunterhalt nachweisen.