Es ist sicher Zufall, dass die Verfasserin dieses Beitrags in der letzten Zeit mehrfach als Berichterstatterin für Verfahren zuständig war, die einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch zum Gegenstand hatten. Dabei hat sich gezeigt, dass dieser in der Praxis nicht immer einfach handhabbar ist, weshalb seine Voraussetzungen nachfolgend zusammengefasst dargestellt werden sollen. Als familienrechtlicher Ausgleichsanspruch wird der Anspruch auf Erstattung von Barunterhaltsleistungen, die ein Elternteil anstelle des anderen erbracht hat, verstanden, aber auch ein Anspruch betreffend kindbezogene staatliche Leistungen, die beiden Eltern zugute kommen sollen, tatsächlich aber nur einem zufließen. In einem weiteren Sinn sind darunter schließlich auch andere innerfamiliäre Ausgleichsverhältnisse zu fassen. Dieser Beitrag beschränkt sich auf den Anspruch auf Erstattung von verauslagten Barmitteln durch den das minderjährige Kind betreuenden Elternteil.
Die praktischen Schwierigkeiten sollen an nachfolgendem Beispielsfall verdeutlicht werden:
Seit dem Jahr 2008 war eine Stufenklage betreffend Kindesunterhalt anhängig. Die Eltern waren nie verheiratet, sind aber gemeinsam sorgeberechtigt. Ihre Tochter lebte bei der Mutter. Der Vater wurde durch die Tochter, diese vertreten durch die Mutter, auf Zahlung von Barunterhalt in Anspruch genommen. Die Auskunftsstufe endete durch Teilurteil. Gegen dieses wurde zunächst Berufung eingelegt, in der Folge wieder zurückgenommen und der Anspruch sodann beziffert. Ein Grund für die lange Verfahrensdauer lag darin, dass die Mutter sich während des Verfahrens mehrmals für längere Zeit mit der Tochter in Indien und auf Bali aufhielt, wobei der erste Auslandsaufenthalt noch mit Zustimmung des Vaters erfolgte. Dieser heiratete im Laufe des Verfahrens und bekam ein weiteres Kind. Er verdiente sehr gut und war durchweg in die oberen Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle einzuordnen. Die Mutter gab ihre Erwerbstätigkeit vor dem ersten Auslandsaufenthalt auf und lebte nach eigenem Sachvortrag in der Folge von ihren Ersparnissen. Der Vater zahlte durchgängig Unterhalt, allerdings nicht immer in der von der Mutter gewünschten Höhe. Auch weigerte er sich, die Privatschulkosten, die bei den Auslandsaufenthalten anfielen, zu übernehmen, mit Ausnahme des ersten, der mit seiner Zustimmung erfolgt war. Das Familiengericht legte den Unterhalt – auch unter Berücksichtigung der Auslandsaufenthalte und der neu hinzugekommenen Unterhaltsverpflichtungen – für die Gesamtzeit in wechselnder Höhe fest und sprach weiteren als den zugestandenen Zusatzbedarf durch Schulkosten im Ausland nicht zu. Dieses – im Wesentlichen zutreffende – Urteil zugrunde legend sind für einzelne Monate, insbesondere während der Auslandsaufenthalte, Überzahlungen des Vaters erfolgt. Auch gegen dieses Urteil legte die Tochter, vertreten durch die Mutter, Berufung ein. Einige Tage vor der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren erfolgte ein Wechsel der Tochter zum Vater, die Mutter reiste erneut nach Indien. In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht München trug die Prozessbevollmächtigte der Mutter unter anderem vor, dass diese in Indien einer Erwerbstätigkeit nachgehe, aus der sie ein – ortsübliches – Einkommen von wenigen 100 EUR pro Monat erwirtschafte. Nach Hinweis des Senats, dass die Klage aufgrund des Obhutswechsels unzulässig geworden sei, wurde mitgeteilt, dass die bis zum Obhutswechsel aufgelaufenen Beträge nunmehr als familienrechtlicher Ausgleichsanspruch geltend gemacht würden.