Die Darstellung zeigt: Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch hat es in sich! Die Umstellung des vormals auf Zahlung von Kindesunterhalt gerichteten Antrags erfordert in mehrfacher Hinsicht neuen Sachvortrag. Wird der Anspruch unabhängig von einem Kindesunterhaltsverfahren verfolgt, muss vor allem auch der Anspruch auf Kindesunterhalt, insbesondere dessen Höhe und die Voraussetzungen für eine Geltendmachung für die Vergangenheit, als weitere materiell-rechtliche Voraussetzung dargelegt werden. Im Hinblick auf bestehende und höchstrichterlich noch nicht geklärte Streitfragen sollten zudem die Höhe der verauslagten Beträge und die Absicht, hierfür Ersatz zu verlangen, zur Sicherheit dargelegt und nachgewiesen werden.
Offen ist bislang schließlich, wie im Rahmen des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs, wenn immer wieder einmal Barunterhalt geleistet wurde, mit dabei erfolgten Überzahlungen umzugehen ist. Im Verhältnis zum Kind ist insoweit weder eine Gesamtsaldierung aller offenen mit allen bezahlten Beträgen zulässig noch wird in der Regel eine begründete Aussicht auf Rückforderung der einzelnen Überzahlungen gemäß § 812 BGB bestehen, steht ihr doch fast immer der Einwand des § 818 Abs. 3 BGB entgegen. Fraglich ist, ob Überzahlungen deshalb auch beim familienrechtlichen Ausgleichsanspruch nicht anspruchsmindernd berücksichtigt werden dürfen. Dafür könnte sprechen, dass auch für den Fall des angenommenen Bestehens eines Rückforderungsanspruchs des Ausgleichsverpflichteten gegen das Kind mangels Gegenseitigkeit keine Aufrechnungslage im Verhältnis zum anderen Elternteil besteht, der einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend macht. Dagegen spricht die Funktion des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs, unbillige Ergebnisse zu vermeiden und die Unterhaltslast zwischen den Eltern angemessen zu verteilen. Der eigentlich Barunterhaltsverpflichtete soll sich seiner Verpflichtung nicht einfach entziehen können, indem er sich aus der Verantwortung stiehlt und – soll das Kind nicht verhungern – auch das Aufbringen des Barunterhalts dem betreuenden Elternteil aufbürdet. Dass dies für ihn nicht folgenlos bleiben kann, liegt auf der Hand. Wenn er aber partiell Unterhalt in einer Höhe geleistet hat, die über den tatsächlich bestehenden Anspruch hinausgeht, dann war dieses Geld jedenfalls vorhanden und konnte zur Deckung des Barbedarfs verwendet werden. Es erscheint daher im Rahmen einer abschließenden Billigkeitsabwägung durchaus möglich, den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch mit Blick auf erfolgte Überzahlungen im maßgeblichen Gesamtzeitraum angemessen zu kürzen. Da sich die Parteien in dem hier als Beispiel dienenden Verfahren vor dem Oberlandesgericht München verglichen haben, musste diese Frage dort nicht abschließend entschieden werden.
Autor: Dr. Isabell Götz , Richterin am Oberlandesgericht, München