Umgangsverfahren, die "wegen des außerordentlich angespannten Verhältnisses der Eltern von einer gewissen Komplexität" sind, stellen die familiengerichtliche Praxis vor besondere Herausforderungen. Der Umgang des Kindes mit einem nicht betreuenden Elternteil kann aus mancherlei Gründen abbrechen: Tiefgehende Verletzungen, unaufklärbare Vorwürfe, Machtspiele, psychische Belastungen, wechselseitige Zumutungen oder einseitiger Boykott können die Kommunikation massiv stören und jede Verständigung über den Umgang blockieren. Kann in solchen hochkonflikthaften Konstellationen auch forensisch kein Einvernehmen erzielt werden (§§ 156, 165 FamFG), hat das Familiengericht den Umgang zu regeln (§ 1684 Abs. 3 S. 1 BGB). Der Wunsch, dabei auf die Unterstützung Dritter zurückzugreifen, ist nicht so sehr der Erleichterung familienrichterlicher Arbeit als der Erkenntnis geschuldet, dass es in komplexen Fällen selten befriedigend und nachhaltig gelingt, mit einem einzigen Gerichtsbeschluss das Dickicht der Beziehungsstörungen zu durchdringen. War der Umgang lange Zeit unterbrochen, kann die Neuanbahnung flexible Reaktionen auf schwer zu prognostizierende Entwicklungen und ständig wechselnde persönliche Befindlichkeiten erfordern. Deuten richterliche Umgangsentscheidungen, die immerzu an unvorhergesehene Umstände angepasst werden müssen, auf eine strukturelle Überforderung der Gerichte hin? Die Einschaltung einer neutralen Fachkraft, die mit dem Kind und den übrigen Beteiligten intensiver zusammenarbeiten und sie in der Anbahnungsphase besser begleiten, anleiten und überwachen kann als jede juristische Instanz, bietet sich als Ausweg an.
Erwägungen dieser Art hatten vor der zum 1.9.2009 in Kraft getretenen Familienrechtsreform zu der Übung mancher Gerichte geführt, bei schweren Umgangskonflikten nach § 1666 BGB beiden Eltern die elterliche Sorge teilweise zu entziehen und nach § 1909 BGB einen Ergänzungspfleger, meist das Jugendamt, für den Bereich des Umgangs einzusetzen. Der Reformgesetzgeber hat diese Praxis modifizierend aufgegriffen und in § 1684 Abs. 3 S. 3 bis 5 BGB die Umgangspflegschaft erstmals ausdrücklich und eigenständig geregelt. Weil die richterrechtlich entwickelte Pflegschaft nach partiellem Sorgerechtsentzug vielfach ebenfalls als Umgangspflegschaft bezeichnet worden ist, konnte es insoweit zu Verwechslungen kommen. An der gesetzlichen Neuregelung selbst ist kritisiert worden, dass die Voraussetzungen der Anordnung einer Umgangspflegschaft und die Beschreibung der Aufgaben und Kompetenzen des Umgangspflegers nicht hinreichend präzise definiert und in der gegenwärtigen Form ungeeignet zur Bearbeitung von schweren Umgangskonflikten seien. Die Frage stellt sich, ob die Umgangspflegschaft des Gesetzes als abschließende Regelung zu verstehen ist oder daneben in Fällen erheblicher Kindeswohlgefährdung nach wie vor auch auf §§ 1666, 1909 BGB zurückgegriffen und ein Ergänzungspfleger mit weitergehenden sorgerechtlichen Befugnissen in Bezug auf die Ausgestaltung des Umgangs bestellt werden kann.
Eine verbreitete, im Schrifttum besonders nachdrücklich von Heilmann vertretene Auffassung, der sich in der Judikatur das OLG Frankfurt angeschlossen hat, hält die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft mit dem Aufgabenkreis "Regelung des Umgangs" unter gleichzeitigem Entzug des Umgangsbestimmungsrechts, das dem Sorgeberechtigten als Teil der Personensorge zustehe, gemäß §§ 1666 Abs. 3 Nr. 6, 1632 Abs. 2, 1909 BGB ausnahmsweise für zulässig. Es handele sich hierbei um eine von der Umgangspflegschaft nach § 1684 Abs. 3 BGB zu unterscheidende, intensiver wirkende richterliche Anordnung, die als Eingriff in das Sorgerecht die Feststellung einer konkreten Kindeswohlgefährdung voraussetze. Die Einrichtung einer solchen "Umgangsbestimmungspflegschaft" komme sowohl bei fortdauernden Umgangskonflikten zwischen den Eltern als auch bei fremduntergebrachten Kindern in Betracht, wo es neben der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts der zusätzlichen Übertragung des Umgangsbestimmungsrechts bedürfe, wenn der Umgang mit den teilweise noch sorgeberechtigen Eltern beschränkt, seine einvernehmliche Ausweitung aber auch ohne neue gerichtliche Anordnung möglich bleiben solle.
Andere Gerichte und Autoren vertreten die Gegenposition: Die Bestimmung von Umfang und Ausübung des elterlichen Umgangsrechts dürfe keinem Pfleger übertragen werden; eine entsprechende gerichtliche Anordnung habe im Gesetz keine Stütze und für eine Teilsorgerechtsentziehung zur Regelung des Umgangs bleibe neben dem vorrangig zu prüfenden § 1684 Abs. 3 BGB kein Raum.
Was ist von den Argumenten für und gegen eine "Umgangsbestimmungspflegschaft" zu halten?