Die multiple Elternschaft, Betreuungsmodelle in der Praxis und die Nichtzulassungsbeschwerde in Familiensachen
Im letzten Jahr hat die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht sich mit ihrer Mitgliederumfrage nicht nur einem Thema, sondern gleich drei Themen, und zwar der multiplen Elternschaft, Betreuungsmodellen in der Praxis und der Nichtzulassungsbeschwerde in Familiensachen gewidmet.
In einem Erhebungszeitraum von etwa 2 ½ Wochen im Oktober 2015 wurden die Mitglieder der AG Familienrecht nach den Erfahrungen in ihrer Anwalts- und auch der Gerichtspraxis in diesen Bereichen befragt. Beteiligt haben sich knapp 20 % der Mitglieder, d.h. es gab 1.115 Rückläufe.
Von den einzelnen Ergebnissen sollen hier folgende herausgestellt werden:
Zur multiplen Elternschaft
Auf die Frage, welche Elternschaften sich in den Akten der AG-Mitglieder befinden, erstaunt es nicht, dass alle die biologische Elternschaft angegeben haben. Interessant ist sicherlich, dass die Angaben der genetischen Elternschaft sowohl durch Eizellen- als auch durch Samenspende nicht wesentlich voneinander abweichen: nämlich 8 % und 11 %. Dem entspricht auch die Angabe von knapp 10 % der Befragten, in ihrer Beratungspraxis schon einmal zur Leihmutterschaft angefragt worden zu sein.
Den überwiegenden Anteil machen nach der biologischen die rechtliche und die soziale Elternschaft der Väter mit 82 % und 66 % aus, die rechtliche und soziale Elternschaft der Mütter mit 51 % und 48 % (siehe Abb. 1).
Welche Elternschaften finden sich in Ihren Akten? [Mehrfachantworten möglich]
Die rechtliche Vaterschaft wiederum geht nach den Antworten der Rückläufe zu 90 % auf Vaterschaftsanerkennungen, zu 83 % auf die Geburt des Kindes eines anderen Mannes in der Ehe und zu 69 % auf Adoptionen zurück (siehe Abb. 2).
Aus welchen abstammungsrechtlichen Konstellationen stammen die multiplen Elternschaften in Ihren Akten? [Mehrfachantworten möglich]
Zu Betreuungsmodellen, insbesondere im Wechselmodell
Interessant ist das Ergebnis auf die Frage, wie nach Einschätzung der Befragten die Mandanten das Wechselmodell tendenziell rechtlich einordnen: Denn als Teil der elterlichen Sorge bzw. eher zur elterlichen Sorge gehörig verstehen es insgesamt 51 %, als Teil des Umgangsrechts bzw. eher zum Umgang gehörig insgesamt 49 %. Es gibt also keine eindeutige Zuordnung zu einem Rechtsgebiet aufseiten der Mandanten (siehe Abb. 3).
Nehmen die Eltern Ihrem Eindruck nach die Frage nach der Betreuung im Wechselmodell als Thema der elterlichen Sorge oder "nur" des Umgangs wahr?
Anders fällt die Antwort der Befragten auf die Frage aus, in welchem Kontext sie selbst die Betreuungsfrage geregelt wissen wollen: 60 % sprechen sich für die elterliche Sorge und 37 % für das Umgangsrecht aus (siehe Abb. 4).
In welchem Kontext sollte die Betreuungsfrage Ihrer Auffassung nach geregelt werden?
Die übrigen 3 % wünschen sich eine von beiden Bereichen losgelöste eigene Kindschaftssache und machten konkrete Vorschläge vom eigenen Wechselmodell-Rechtsbereich über eine (etwas allgemeinere) eigene Betreuungssache – jedenfalls als vom Gesetzgeber festgesetztes Rechtsgebiet – bis hin zu einem neuen umfassenden Rechtsbereich zum Aufenthalt von Kindern, die Verortung des Wechselmodells in einer Mediation oder zwingend gemeinsam unter Einbeziehung von Geld- bzw. Unterhaltsfragen.
Kein eindeutiges Ergebnis gab es aufgrund nahezu ausgewogener Antworten auf die Frage nach der Tendenz der Gerichte, einen umfangreicheren Umgang als noch vor etwa drei Jahren anzuordnen: Mit einer nur geringen Abweichung gaben jeweils etwa 30 % der Befragten an, dass es eine deutliche Tendenz, eine sehr geringe oder gar keine gebe. Bemerkenswert ist sicherlich, dass 3,4 % der Befragten angaben, dass das Wechselmodell auch gegen den Willen der Beteiligten angeordnet werde.
Interessant ist weiter, dass 10 % der Befragten angaben, das Wechselmodell werde oft und 31 % häufig von einem Elternteil angestrebt; hingegen 59 % angaben, das Wechselmodell werde fast nie oder selten gewünscht. Interessant auch, weil 67 % der Befragten erklärten, dass ihrer Meinung nach eine aktuelle Entwicklung hin zum vermehrten Wunsch der Mandanten nach dem Wechselmodell im Gange sei. Danach lässt sich feststellen, dass das Thema Wechselmodell also bei 41 % der Befragten in der Beratungspraxis virulent ist.
Ob der Unterhalt eine überwiegende Rolle zur Motivation ihrer Mandanten für das Wechselmodell spiele, bejahten 33 % der Befragten, 64 % schätzten es manchmal als Motivation ein und 3 % verneinten dies (siehe Abb. 5).
Spielt der Unterhalt bei der Motivation der Eltern für oder gegen eine gemeinsame Betreuung eine Rolle?
Unabhängig von der Motivation ihrer Mandanten jedenfalls sähen es 68 % der Befragten als durchaus zweckmäßig an, Unterhaltsfragen gemeinsam mit der Betreuungsfrage zu regeln (siehe Abb. 6).
Halten Sie es für zweckmäßig Unterhaltsfragen (verfahrensrechtlich) im Kontext der Betreuung mit zu regeln?
Zur Nichtzulassungsbeschwerde
Mit ein wenig Spannung haben wir die Antworten der ...