Unterschiedlich wird die Frage beantwortet, worauf sich dieses Kenntnisrecht im Einzelnen bezieht. Die Bekanntgabe der DNA-Sequenz oder sonstiger medizinischer Daten (die auch einige Rechtsordnungen mit anonymer Samenspende vorsehen) wird – wenn man an die psychologische Begründung dieses Rechts erinnert – nicht ausreichen. Viele Rechtsordnungen (und auch der EGMR) verstehen unter dem Kenntnisrecht das Recht, die biologische Elternschaft eines Menschen festzustellen. Dies kann auch in einem Verfahren ohne Zuweisung der rechtlichen Elternschaft erfolgen. So wird zwar in vielen Rechtsordnungen die Feststellung der rechtlichen Elternschaft eines Keimzellenspenders ausgeschlossen, dem Kind wird aber ein Anspruch mindestens auf die den Keimzellenspender identifizierenden Daten gegeben. Auch der Entwurf eines deutschen Samenspenderregistergesetzes sieht dies vor.

Die Interessen des Kindes werden allerdings häufig – wie sich ebenfalls aus den Erfahrungen der Adoptionsforschung und dem Anliegen der Spenderkinder ergibt – in besonderem Maße auf die sog. "nichtidentifizierenden Daten" gerichtet sein – wie Aussehen, Größe, Ausbildung und Beruf, Herkunft und Religion, Zahl der bereits vorhandenen Kinder, Hobbys sowie die Motivation zur Keimzellenspende. Diese Daten spielen insbesondere dann eine Rolle, wenn ein persönlicher Kontakt zum Keimzellenspender nicht in Betracht kommt, beispielsweise weil der Samenspender zum Zeitpunkt der möglichen Kontaktaufnahme bereits verstorben ist oder weil er den Kontakt – berechtigt oder nicht berechtigt – ablehnt oder schließlich weil das Kind selbst keinen persönlichen Kontakt mit dem Keimzellenspender anstrebt und sich mit den Auskünften begnügen möchte.

Verschiedene ausländische Rechtsordnungen[34] sehen daher auch die Aufnahme dieser nichtidentifizierenden Daten in das Spenderregister vor. Im englischen Recht kann der genetische Vater zusätzlich sogar eine sog. "good will-message" für das Kind hinterlegen. Im deutschen Recht findet sich eine ähnliche Hinterlegungsmöglichkeit der freiwillig abgegebenen Informationen im Rahmen der vertraulichen Geburt.[35] Der Entwurf des Samenspenderregistergesetzes sieht die Hinterlegung dieser Art von Daten aber leider gerade nicht vor.

[34] Vgl. z.B. im niederländischen Recht Art. 2 Abs. 1 lit. b EW, dazu: Reuß, in: Dutta/Schwab/Henrich/Gottwald/Löhnig, Künstliche Fortpflanzung und Europäisches Familienrecht, Bd. 16, 2015, S. 33; Schweiz: Art. 27 Abs. 1 FMedG; Vereinigtes Königreich: Merrick, in: Hammel/Thorn, S. 93, 94.

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