BGB § 1579 Nr. 3 § 426 Abs. 2 § 745 Abs. 2; FamFG § 266
Leitsatz
1. Ansprüche aus Nutzungsentschädigung nach rechtskräftiger Scheidung folgen aus § 745 Abs. 2 BGB und haben den Charakter einer Familienstreitsache i.S.d. 266 FamFG. Für die Beteiligung an den Hauskosten gem. § 426 Abs. 2 S. 1 BGB gilt Entsprechendes.
2. Langjährige, wiederholt erhobene Missbrauchsvorwürfe, die ein jeder für sich objektiv geeignet sind, den Unterhaltspflichtigen in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und sein Leben bis hin zur Zerstörung seiner familiären, sozialen und wirtschaftlichen Existenz gravierend zu beeinträchtigen, können die vollständige Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Nr. 3 BGB nach sich ziehen.
(Leitsätze der Redaktion)
OLG Hamm, Beschl. v. 3.12.2013 – 2 UF 105/13 (AG Dorsten)
1 Aus den Gründen:
I. Die Beteiligten sind seit 2002 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus der 1980 geschlossenen Ehe sind vier mittlerweile volljährige Kinder (K, T, K1, B) hervorgegangen. Nach wie vor zahlt der Antragsteller für seine Kinder B und K Unterhalt in Höhe von 488 EUR bzw. 480 EUR monatlich.
Der Antragsteller arbeitet als Ingenieur bei der Firma I in P. Die Antragsgegnerin ist gelernte Kinderkrankenschwester, war jedoch seit der Geburt des ältesten Kindes im Jahr 1983 nicht mehr erwerbstätig. Ab dem 20.10.2009 bezog sie Krankengeld. Mit Bescheid vom 23.2.2011 lehnte die Deutsche Rentenversicherung Bund einen Antrag auf Zahlung einer Erwerbsminderungsrente ab. Ab März 2011 bezog die Antragsgegnerin Leistungen nach dem SGB XII.
Im Jahr 1999 trennten sich die Beteiligten. In der Folgezeit behauptete die Antragsgegnerin wiederholt, der Antragsteller habe die gemeinsame Tochter B sexuell missbraucht oder belästigt. Daraufhin wurde der Umgang des Antragstellers mit dem Kind vorübergehend dahingehend eingeschränkt, dass er nur noch in Anwesenheit der Geschwister K und T stattfinden durfte. Im Rahmen des Scheidungsverbundverfahrens wurden sodann ein kinderpsychiatrisch-psychologisches Gutachten der Sachverständigen Dr. N und X vom 14.5.2001 und ein familienpsychologisches Gutachten der Sachverständigen G vom 29.8.2001 eingeholt. Beide Gutachten kamen zu dem Ergebnis, dass es keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch des Kindes durch den Antragsteller gebe. Am 1.9.2001 erklärte die Antragsgegnerin trotz Kenntnis zumindest des erstgenannten Gutachtens gegenüber der im gleichen Haus wie der Antragsteller lebenden Vermieterin, dieser sei ein "Kinderschänder". Der Antragsteller erstattete deshalb Strafanzeige gegen die Antragsgegnerin, woraufhin diese am 9.9.2001 durch die Polizei als Beschuldigte vernommen wurde. Zu dem gegen sie erhobenen Vorwurf machte sie keine Angaben, erstattete jedoch zugleich erneut Anzeige gegen den Antragsteller wegen Kindesmissbrauchs. Am 18.2.2002 erklärte sie gegenüber dem ältesten Sohn der Beteiligten sowie dessen damaliger Freundin, der Antragsteller habe pädophile Neigungen. Diese Äußerung wiederholte sie am 18.8.2002 gegenüber der Lebensgefährtin des Antragstellers. Zwischen dem 12. und 24.9.2002 äußerte sie gegenüber dem Jugendamt der Stadt E erneut den Verdacht, der Antragsteller habe die gemeinsame Tochter B sexuell missbraucht. Gegen die Antragsgegnerin wurden aufgrund ihrer Aussagen bzgl. des angeblichen Kindesmissbrauchs zwei Strafverfahren geführt. Beide wurden gegen Zahlung eines Geldbetrages eingestellt. Am 6.2.2003 verurteilte das LG Duisburg die Antragsgegnerin aufgrund der gegenüber der damaligen Vermieterin des Antragstellers, der Lebensgefährtin und dem Jugendamt gemachten Äußerungen, es zu unterlassen, gegenüber Dritten zu äußern, der Antragsteller sei ein Kinderschänder. In einem Verhandlungstermin im Rahmen eines zivilgerichtlichen Verfahrens zwischen den Beteiligten vor dem Amtsgericht Dorsten wiederholte sie am 1.12.2005 die Missbrauchsvorwürfe gegen den Antragsteller. Mit Schreiben vom 15.8.2006 an den damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers äußerte sie, der Antragsteller habe "wohl seinen finanziellen Aufwand wenigstens mit etwas "Vergnügen" an seinen Töchtern ausgleichen" müssen. Wegen dieses Schreibens verhängte das OLG Düsseldorf mit Beschl. v. 1.8.2007 auf der Grundlage des genannten Urteils des LG Duisburg vom 6.2.2003 ein Ordnungsgeld von 200,00 EUR gegen die Antragsgegnerin.
Die Beteiligten waren bis zum Jahr 2011 gemeinsame Eigentümer eines Hausgrundstücks X1. in E, welches nach wie vor von der Antragsgegnerin und den gemeinsamen Kindern K1 und B bewohnt wird.
Im Verfahren vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Dorsten, in dem die Antragsgegnerin Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt für sich sowie auf Kindesunterhalt für die gemeinsamen Kinder T, K1 und B gegen den Antragsteller geltend gemacht hatte, einigten sich die Beteiligten im Vergleichswege darauf, dass ab Januar 2003 kein Nachscheidungsunterhalt mehr geschuldet war. Dem Vergleich lag die Feststellung zugrunde, dass der Antragsteller ab diesem Zeitpunkt zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt nicht verpflicht...