Im Ausgangsfall war natürlich vorrangig zu berücksichtigen, dass die Tochter die in das Haus investierten Beträge von der Vornahme der Investitionen bis zum Scheitern der Ehe hat nutzen können. Insoweit hat sich die Erwartung der Schwiegermutter erfüllt.

Lässt man die sonstigen Billigkeitskriterien einmal außer Betracht, sind also die Zeit von der Zuwendung bis zur Trennung einerseits und von der Zuwendung bis zum erwarteten Ende der Ehezeit andererseits in Relation zu setzen.

Streitig ist allerdings, wie die voraussehbare Ehezeit zu ermitteln ist:

Einerseits wird vertreten, der Zweck der Zuwendung sei nach 20 Jahren erreicht.[35]
Andererseits wird auf die Erwartung abgestellt, die der Zuwendende hat.

Gleich ob die Zuwendung durch die Ehegatten oder die Schwiegereltern erfolgt, werden die Zuwendenden in beiden Fällen davon ausgehen, dass die Ehe dauerhaft Bestand hat. Dann liegt es nahe, die Eheerwartung mit der verbleibenden Lebenserwartung des Ehegatten mit der geringeren statistischen Lebenserwartung im Zeitpunkt der Zuwendung gleichzusetzen.[36]

Die Berechnungsformel lautet dann:

  Beim Empfänger noch vorhandenes Vermögen x Zeitraum zwischen Zuwendung und Scheitern der Ehe : Zeitraum zwischen Zuwendung und statistischem Ende der Ehe
 
Praxis-Beispiel

Ein Berechnungsbeispiel:

Die Schwiegereltern wenden ihrem Schwiegersohn M Wertpapiere im Wert von 100.000 EUR zu. M ist 1960 geboren, die Zuwendung ist im Januar 2000 erfolgt. Die Ehe scheitert im Januar 2010. Die Wertpapiere sind am Ende der Ehezeit noch in vollem Wert vorhanden.

 
Ehedauer vom Zeitpunkt der Zuwendung bis zum Scheitern 10 Jahre
Statistische Lebenserwartung M im Zeitpunkt der Zuwendung gerundet 39 Jahre
Abschlag wegen Zweckerreichung: 10 : 39 = 26 %
Rückgewähranspruch maximal (wegen teilweiser Zweckerreichung) 74.000 EUR

Diese Werte sollten stets gerundet werden, weil der Berechnung immer Billigkeitsgesichtspunkte zugrunde liegen, die keine mathematisch genau zu ermittelnden Beträge erlauben.

Die verbleibende statistische Lebenserwartung kann der Sterbetafel[37] entnommen werden.

 
Praxis-Beispiel

Berechnungsbeispiel:

Schwiegersohn S ist 35 Jahre alt, die Tochter T 30 Jahre. Ein Jahr nach der Eheschließung, die 5 Jahre zurückliegt, haben die Eltern dem Schwiegersohn 100.000 EUR zugewandt, die noch in vollem Umfang vorhanden sind.

Die Zeit von der Zuwendung bis zur Trennung beträgt 5 Jahre, die statistische Lebenserwartung des S beträgt nach der Sterbetafel 43,72 Jahre. Das ist die nach der Vorstellung der Beteiligten noch zu erwartende Ehezeit.

Damit ergibt sich folgende Berechnung:

Noch vorhandenes Vermögen 100.000 EUR x Zeitraum zwischen Zuwendung und Scheitern der Ehe 5 Jahre : Zeit zwischen Zuwendung und statistischem Ende der Ehe (5 + 43,72 =) 48,72 = 10.262,75 EUR, also gerundet 10.500 EUR oder 10,5 %. Dieser Betrag ist von der Höhe der Zuwendung abzuziehen, so dass der Ausgleichsanspruch 89.500 EUR betragen könnte.

Handelt es sich bei dem zugewandten Vermögen allerdings um einen Gegenstand, der voraussichtlich nicht über die gesamte erwartete Ehedauer Bestand haben wird, so kann als Bezugsgröße nicht von der Ehedauer, sondern der Lebensdauer dieses Vermögensgegenstandes ausgegangen werden. Es kann dann nicht maßgeblich auf die erwartete Ehedauer abgestellt werden, weil niemand erwarten konnte, dass die Investition während der gesamten Ehedauer Bestand haben würde.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel:

Das zugewandte Geld von 10.000 EUR sollte dafür verwendet werden, die Heizung im Hause zu erneuern. Diese hat eine vom Sachverständigen ermittelte Nutzungsdauer von 15 Jahren. Zwischen der Trennung und der Investition lagen 6 Jahre. Der Wert der Heizung ist unverändert.

10.000 EUR x tatsächlicher Nutzungsdauer 6 Jahre = 60.000 : Zeitraum der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer 15 Jahre = 4.000 EUR.

Möglicher Ausgleichsanspruch also: 10.000 EUR – 4.000 EUR.

[35] Haußleiter/Schulz, Kap. 5 Rn 231; Büte, FuR 2011, 664.
[36] Wever, FamRZ 2013, 514; 19. DFGT AK 19, Brühler Schriften zum Familienrecht, 2012, S. 119, 120; Weinreich, FF 2011, 271, 275.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?