Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Rückforderung einer Zuwendung von Schwiegereltern kann auch ein teilweiser Rückforderungsforderungsanspruch bestehen (entgegen BGH vom 18.06.2019 - X ZR 107/16, juris Rn. 37).
2. Der vorgestellte Zeithorizont einer Zuwendung von Schwiegereltern ist nach allen Umständen des Einzelfalls zu bestimmen, hierfür besteht kein festes Rechenmodell.
Verfahrensgang
AG Konstanz (Aktenzeichen 2 F 60/20) |
Tenor
I. Gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG mit § 278 Abs. 6 ZPO wird den Beteiligten der Abschluss folgenden Vergleichs vorgeschlagen:
Die Antragsgegnerin verpflichtet sich, an die Antragsteller als Gesamtgläubiger einen Betrag in Höhe von 120.000 EUR zu zahlen.
Mit diesem Vergleich sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche der Beteiligten aus der Zuwendung des Miteigentumsanteils an der Immobilie in Allensbach im Jahre 2013 abgegolten und erledigt.
Diese Erledigung umfasst auch den abgetretenen Teil des Anspruchs. Die Antragsteller stellen insoweit die Antragsgegnerin von eventuellen Ansprüchen des Sohnes der Antragsteller frei.
Die Vergleichsgebühr behält jede Seite auf sich. Die übrigen Kosten in beiden Instanzen tragen die Antragsgegnerin zu 90 %, die Antragsteller zu 10 % als Gesamtschuldner.
II. Die Beteiligten erhalten Gelegenheit zur Annahme des Vergleichs bis zum 15.12.2023.
Gründe
I. Die Antragsteller machen die wertmäßige Rückforderung einer Zuwendung an ihre damalige Schwiegertochter geltend.
Die 1979 geborene Antragsgegnerin führte seit 1996/97 eine Beziehung mit dem Sohn der Antragsteller, geboren 1974. Sie heirateten 2003. Aus der Ehe sind zwei in den Jahren 2005 und 2008 geborene Kinder hervorgegangen. Die Eheleute wohnten seit August 2005 in einem im Eigentum der Antragsteller stehenden Grundstück in A. mit einem 1980 errichteten Reihenmittelhaus. Zunächst zahlten die Eheleute an die Antragsteller Miete.
Anlässlich eines größeren Renovierungs- und Ausbauvorhabens übertrugen die Antragsteller mit notariellem Vertrag vom 12.08.2013 (Anlage Ast 1, Sonderband) ihre hälftigen Miteigentumsanteile an der Immobilie an die Eheleute zu jeweils hälftigem Miteigentum. Der Verkehrswert des Anwesens betrug zu diesem Zeitpunkt 390.000 EUR. Die Eheleute übernahmen eine in Höhe von 90.000 EUR valutierende Grundschuld (als "Kaufpreis" formuliert, der in Form der Schuldenübernahme zu erbringen war) und renovierten anschließend das Haus, wofür sie ein weiteres Darlehen in Höhe von 150.000 EUR aufnahmen. Die Eheleute und ihre Kinder nutzten das Haus gemeinsam bis zum trennungsbedingten Auszug der Antragsgegnerin am 24.07.2017. Am 27.06.2018 wurde der von der Antragsgegnerin eingereichte Scheidungsantrag zugestellt. Die Scheidung wurde im März 2023 ausgesprochen und ist seit 26.09.2023 rechtskräftig (vgl. Vermerk im parallelen Scheidungsverfahren 5 UF 84/23).
Mit Anwaltsschreiben vom 03.06.2019 (Anlage Ast 5, Sonderband) forderten die Antragsteller die Antragsgegnerin mit Fristsetzung bis zum 17.06.2019 auf, einen Betrag von 103.600 EUR zu zahlen (ausgehend von einem Bruttowert des Hauses von 320.000 EUR und einem Abzug für Zweckerreichung von 4 weiteren Ehejahren im Verhältnis zu 40,24 Jahren Lebenserwartung des Sohnes der Antragsteller). Die Antragsgegnerin lehnte ab.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 24.03.2020 (I 1) wurden im vorliegenden Verfahren zunächst der genannte Betrag von 103.600 EUR nebst Zinsen seit 18.06.2019 und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 2.560 EUR nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit geltend gemacht. Der Antrag wurde der Antragsgegnerin am 15.05.2020 zugestellt (I 23). Nachdem das gerichtliche Sachverständigengutachten einen Bruttowert von 390.000 EUR ergeben hatte, machten die Antragsteller antragserweiternd einen Betrag von 135.305 EUR nebst Zinsen geltend.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25.01.2023 hat das Familiengericht die Antragsgegnerin verpflichtet, an die Antragsteller einen Betrag von 60.000 EUR nebst Zinsen sowie darauf beruhende vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen und den Antrag im Übrigen abgewiesen. Dabei hat es die angenommene Erwartung der Antragsteller zugrunde gelegt, dass die Eheleute das Haus noch bis zum Ende der allgemeinbildenden Schule des jüngsten Kindes im Jahre 2027 nutzen würden. Der Beschluss wurde der Antragsgegnerin zugestellt am 27.01.2023 (I 427), den Antragstellern am 30.01.2023 (I 433).
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin mit Anwaltsschriftsatz vom 27.02.2023, eingegangen beim Familiengericht am gleichen Tag (II, 2) sowie die Beschwerde der Antragsteller mit Anwaltsschriftsatz vom 23.02.2023, eingegangen beim Familiengericht am gleichen Tag (II, 5).
Die Antragsteller machen geltend, im Zeitpunkt der Zuwendung seien die Eheleute bereits seit 17 Jahren ein Paar gewesen, an der Dauerhaftigkeit der Ehe habe kein Zweifel bestanden. Die Eheerwartung sei daher an der statistischen Lebenserwartung der Eheleute zu messen. Ein Teilbetrag sei mittlerweile an den Sohn abgetreten.
Die Antragsteller beantragen Abänderung des Beschlusses...