Eine Rückschau auf die Veranstaltungen vom 2.–3.6.2016
Steuerstrafrechtliche Aspekte bei der Abwicklung familienrechtlicher Mandate
Die Eheleute leben seit mehreren Jahren getrennt voneinander, werden aber weiterhin steuerlich gemeinsam veranlagt. Auch für das letzte Jahr vor der Scheidung möchte man das beibehalten und bittet um entsprechende – strafrechtlich relevante – Beratung. Wie gehen Sie vor? Welche Risiken bestehen für den Mandanten, die Mandantin, aber auch für Sie selbst? Im Vortrag von Rechtsanwalt Dr. Christian Pelke, LL.M., Bielefeld, ging es zum Beispiel um Steuerhinterziehung. Der Mandant erfährt, dass der Ex-Ehepartner die strafbefreiende Selbstanzeige erstattet hat. Was soll der Mandant machen, auf die Selbstanzeige aufspringen? Oder, eine andere Konstellation, das Ehepaar war nach dem Splittingtarif veranlagt. Der darf nach dem Folgejahr nicht beibehalten werden. Wenn ein Anwalt dazu rät und den Hinweis gibt, ein Versöhnungsversuch habe doch bestimmt stattgefunden, dann könnte das als strafbewährte Beihilfe zum Steuerbetrug gewertet werden.
Scheinarbeit, Schwarzgeldeinnahmen, das Feld ist weit. Die Finanzbehörden seien rigide und forschten auch schon mal in der Nachbarschaft nach, erläuterte Rechtsanwalt Pelke und führte an zahlreichen Beispielen vor, wie man in der Rechtsberatung auf der sicheren und straffreien Seite bleibt.
Illegale Informationsbeschaffung und der geschönte Sachvortrag
Rechtsanwältin Juliane Hilbricht, Solingen, zeigte, welche anderen Straftatbestände in familienrechtlichen Verfahren eine Rolle spielen können: Verletzung des Briefgeheimnisses, Ausspähen und Abfangen von Daten und Prozessbetrug sind nur einige wenige von einer ganzen Palette. Die Anwältin hatte in ihrem äußerst lebhaften Vortrag noch mehr zu bieten, auch, wie mit Hilfe geeigneter Software Ex-Eheleute sich hinterher schnüffeln und hintergehen. Das bezeichnete sie als "elektronischen Hausfriedensbruch". Ein simpler, aber wirksamer Rat an die Mandantin oder den Mandanten sei es, das Passwort zum E-Mail-Postfach zu ändern und – vor allem – die Weiterleitungsfunktion abzuschalten. Verboten sei es auch, heimliche Tonaufnahmen zu machen, "Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes" heißt es dazu im Strafgesetzbuch. So gebe es immer wieder Mandantinnen, die nach Umgangskontakten das Kind heimlich aufzeichnen, wenn es sagt, "ich will nicht mehr zum Papa". Es sei nicht ratsam, solche Aufnahmen als Beweismaterial einzuführen, sagte Rechtsanwältin Hilbricht. Ebenso wenig dürften falsche Tatsachen vorgetragen werden, das sei Prozessbetrug.
Um Mandantinnen und Mandanten einerseits davor zu schützen, Opfer von Straftaten zu werden, oder aber sie davon abzuhalten, selbst welche zu begehen, und vor allem nicht selbst in Straftaten verwickelt zu werden, sollten Familienanwälte gut informiert sein. Rechtsanwalt Klaus Weil, Marburg, moderierte die gelungene und sehr gut besuchte Veranstaltung.
Quo vadis Ehegattenunterhalt? – Teil 2
Nachdem 2014 auf dem Anwaltstag in Stuttgart bereits erste Reformüberlegungen vorgestellt worden waren, stand das Ehegattenunterhaltsrecht jetzt erneut auf dem Prüfstand. Die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht und der Familienrechtsausschuss hatten gemeinsam zur Diskussionsveranstaltung eingeladen. "Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen." Das Prinzip der Eigenverantwortung (§ 1569 BGB), vom Gesetzgeber in der Reform von 2008 bereits in den Vordergrund gerückt, kommt im gegenwärtigen Recht kaum zur Geltung. Denn es gibt ein nahezu lückenloses Netz von Unterhaltsansprüchen. Das aber stammt noch aus der Zeit, als der Gesetzgeber vom Schuld- auf das Zerrüttungsprinzip übergegangen war, in der Scheidungsreform von 1977. Damals meinte man, den verlassenen Ehepartner vor dem sozialen Abstieg retten zu müssen und schnürte ein Rundum-Paket mit Unterhaltsansprüchen, eine Art Kasko-Versicherung. Ob Unterhaltszahlungen herabgesetzt oder begrenzt werden, liegt im Ermessen der einzelnen Gerichte.
Das alles sei unberechenbar, monierte Rechtsanwalt Rolf Schlünder aus Mannheim, Mitglied im Ausschuss Familienrecht. Er kritisierte auch, dass unterschiedlich gewertet wird, ob ein verheirateter oder nicht verheirateter Elternteil ein Kind betreut. Ebenso sei es nicht mehr zeitgemäß, die Höhe des Unterhalts ausnahmslos daran festzumachen, welche ehelichen Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung herrschten. Das sei nämlich ein Zufallsmaßstab und allenfalls für eine Übergangszeit zweckmäßig. Von der Lebensstandardgarantie müsse man sich endlich verabschieden.
Zwei Jahre intensive fachliche Diskussion, auch mit Experten aus Lehre und Rechtsprechung, haben zu den Reformvorschlägen des Ausschusses geführt. Leitmotiv soll die gemeinsame Elternverantwortung und die Eigenverantwortung sein. Die Unterhaltstatbestände werden auf drei reduziert: Der Betreuungsunterhalt steht Eltern – auch nicht verheirateten – zu, die ihre minderjährigen Kinder betreuen. Der Höhe nach richtet sich der An...