1
Der Beitrag will mit den bereits dargelegten Intentionen (FF 2017,139) für das Jahr 2017 über Entscheidungen des BGH und der Obergerichte informieren.
A. Entscheidungen zum Unterhaltsverfahren
I. Kein Beschwerderecht gegen die Anordnung der Ergänzungspflegschaft beim Wechselmodell
In der Anordnung der Ergänzungspflegschaft liegt ein Eingriff in das Sorgerecht der Eltern; sie sind daher grundsätzlich beschwerdeberechtigt. Dies gilt indes nicht, wenn die Eltern ein paritätisches Wechselmodell praktizieren. In diesem Fall fehlt es verfahrensrechtlich an einer "Obhut" i.S.v. § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB, sodass keiner der Eltern Kindesunterhaltsansprüche gegen den anderen geltend machen kann. Dann stellt die Anordnung der Ergänzungspflegschaft zur Durchsetzung von Kindesunterhalt keinen Eingriff in die Rechtsposition der Eltern dar.
II. Scheidungsfolgenvergleich
Der BGH hat nunmehr die umstrittene Frage geklärt, dass § 127a BGB auf Beschlussvergleiche nach § 278 Abs. 6 ZPO analog anwendbar ist. Damit können Rechtsgeschäfte, die für ihre Wirksamkeit der notariellen Beurkundung bedürfen, außer durch einen protokollierten gerichtlichen Vergleich auch durch einen gerichtlich festgestellten Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO rechtsgültig abgeschlossen werden. Im Streitfall ging es um die Wirksamkeit eines Scheidungsfolgenvergleichs, den die Ehegatten im Rahmen des Scheidungsverfahrens geschlossen hatten und dessen Zustandekommen das FamG mit Beschluss gemäß § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt hatte. Neben Regelungen im Zusammenhang mit der Veräußerung der gemeinsamen Immobilie erklärten die Eheleute alle etwaigen gegenseitigen Zugewinnausgleichsansprüche für erledigt, verzichteten gegenseitig auf Zugewinnausgleichs- und Ehegattenunterhaltsansprüche und nahmen diesen Verzicht wechselseitig an. Wegen falscher Angaben focht ein Ehegatte den Vergleich an und machte im Wege des Stufenantrags güterrechtliche Ansprüche geltend. Ohne Erfolg, denn die Scheidungsfolgenvereinbarung entbehrte weder der nach § 1378 Abs. 3 S. 2 BGB erforderlichen Form, noch wurde sie wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten. Für den Beschlussvergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO bedeutet dies, dass er in seiner Struktur als materiell-rechtlicher wirksam ist und verfahrensrechtlich zudem seine verfahrensbeendende Wirkung erzeugt.
III. Inhalt der Beschwerdebegründung
Der BGH hat immer wieder Anlass, auf die notwendigen Formalien einer zulässigen Beschwerdebegründung hinzuweisen. In der Tendenz geht seine Rechtsprechung dahin, die Zulässigkeitsvoraussetzungen im Interesse des Rechtsmittelführers zu bejahen.
1. Fehlendes erstinstanzliches Aktenzeichen
Gerade bei mehreren parallel geführten Verfahren kann es vorkommen, dass die an das Beschwerdegericht gesandte Beschwerdebegründung ein falsches erstinstanzliches Aktenzeichen trägt. Für sich genommen steht dies dem (fristgerechten) Eingang der Beschwerdebegründung nicht entgegen. Das Gesetz schreibt weder in § 64 FamFG noch in §§ 129 Abs. 1, 130 ZPO, die gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG auf Familienstreitsachen Anwendung finden, die Angabe eines bereits zugeordneten und mitgeteilten Aktenzeichens vor. Die Angabe eines Aktenzeichens soll vielmehr lediglich die Weiterleitung eines Schriftsatzes innerhalb des Gerichts erleichtern und für eine rasche Bearbeitung sorgen. Es handelt sich um eine Ordnungsmaßnahme, die für die Sachentscheidung ohne Bedeutung ist. Der Begründung muss allerdings zweifelsfrei zu entnehmen sein, zu welchem Verfahren sie eingereicht werden soll. Unrichtige Angaben schaden nur dann nicht, wenn aufgrund sonstiger, innerhalb der Rechtsmittelbegründungsfrist erkennbarer Umstände für Gericht und Gegner zweifelsfrei feststeht, welchem Rechtsmittelverfahren die Begründung zuzuordnen ist. Wurde durch die Angabe eines falschen Aktenzeichens eine Unsicherheit darüber herbeigeführt, in welcher Sache die Beschwerdebegründung eingereicht wurde, ist diese nach dem Inhalt der schriftsätzlichen Ausführungen des Rechtsanwalts dem richtigen Verfahren zuzuordnen.
2. Fehlen eines konkreten Antrags
Nach § 117 Abs. 1 S. 1 FamFG hat der Beschwerdeführer in Ehesachen und Familienstreitsachen zur Begründung seiner Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Ob ein Sachantrag hinreichend bestimmt ist, beurteilt sich nach den allgemeinen, zu § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO entwickelten Grundsätzen des Zivilprozessrechts. Der Beschwerdeführer soll sich im Interesse der Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens eindeutig über Umfang und Ziel seines Rechtsmittels erklären und das Beschwerdegericht und den Verfahrensgegner über Umfang und Inhalt seiner Angriffe möglichst schnell und zuverlässig ins Bild setzen. Fehlt es an einem konkreten Antrag, reicht es aus, wenn die innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätze des Beschwerdeführers ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig ergeben, in welchem Umfang und mit welchem Ziel die erstinstanzliche Entscheidung angefochten werden soll. Im entschiedenen Fall war zur Höhe des in der Beschwerdeinstanz wei...