RVG § 33; FamGKG § 38 § 39 § 42 Abs. 3 § 55 Abs. 1
Leitsatz
1. a) Endet das Mandat in einem gerichtlichen Verfahren vorzeitig, hat das FamG auf Antrag des Anwalts den Gegenstandswert seiner Tätigkeit im Verfahren nach § 33 RVG festzusetzen.
b) Eine vorläufige Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 1 FamGKG lässt das Rechtsschutzbedürfnis für ein Verfahren nach § 33 RVG nicht entfallen.
2. Gegen die Weigerung des FamG, eine Wertfestsetzung im Verfahren nach § 33 RVG vorzunehmen, ist die Beschwerde nach § 33 Abs. 3 RVG gegeben.
3. a) Wird ein Stufenantrag zum Zugewinn eingereicht, richtet sich der Verfahrenswert nach dem höheren Wert des Leistungsantrags, auch wenn dieser noch nicht beziffert ist.
b) Der Verfahrenswert ist dann nach den Erwartungen des Antragstellers bei Einreichung des Stufenantrags zu schätzen. Anhaltspunkt ist insoweit in der Regel der vorgerichtlich geltend gemachte Anspruch.
c) Ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Erwartung des Antragstellers, ist vom Auffangwert des § 45 Abs. 3 FamGKG i.H.v. 5.000 EUR auszugehen.
4. Die Werte wechselseitiger Stufenanträge zum Zugewinnausgleich sind zu addieren.
OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 17.4.2018 – 5 WF 65/18
1 Tatbestand:
Die Antragstellerin war im vorliegenden, noch beim FamG rechtshängigen Ehescheidungsverfahren zunächst von Rechtsanwalt H. vertreten worden. Anhängig waren die Folgesachen Versorgungsausgleich (drei Anrechte) und Güterrecht, wobei sowohl der Antragsgegner als auch die Antragstellerin Stufenanträge auf Auskunft und noch nicht bezifferte Zahlung gestellt hatten. Mit Schriftsatz v. 10.8.2017 teilte Rechtsanwalt H. mit, dass er die Antragstellerin nicht mehr vertrete. Mit Schriftsatz v. 28.12.2017 beantragte er sodann gem. § 33 RVG die Festsetzung des Gegenstandswertes seiner vormaligen anwaltlichen Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren.
Mit Beschl. v. 30.1.2018 hat das FamG den Verfahrenswert vorläufig auf 29.295 EUR (Scheidung 26.950 EUR; Versorgungsausgleich 1.845 EUR; Güterrecht 500 EUR) festgesetzt. Hiergegen hat Rechtsanwalt H. Beschwerde eingelegt und darauf verwiesen, dass nicht der Wert nach § 55 Abs. 1 FamGKG vorläufig festzusetzen sei, sondern der Wert des Gegenstands seiner anwaltlichen Tätigkeit. Mit Beschluss v. 10.4.2018 hat das FamG der Beschwerde nicht abgeholfen und dies damit begründet, dass § 33 RVG nicht anzuwenden sei, wenn in Bezug auf den Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit wertabhängige Gebühren anfallen würden, deren Wert identisch mit den Gerichtsgebühren sei.
2 Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist vorliegend nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft, da das AG vorliegend eine Bestimmung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit unterlassen hat und stattdessen eine hier nicht veranlasste vorläufige Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 1 FamGKG vorgenommen hat.
Das AG hat insoweit verkannt, dass nach § 33 Abs. 1 Alt. 2 RVG eine gesonderte Wertfestsetzung für die Gebühren des Anwalts auch dann auf Antrag zu erfolgen hat, wenn es an einem Wert für die Gerichtsgebühren fehlt. Dies ist auch dann der Fall, wenn bei Mandatsniederlegung während eines noch laufenden Verfahrens mangels Erledigung des Verfahrens (§ 55 Abs. 2 FamGKG) noch kein Wert für die Gerichtsgebühren festzusetzen ist (vgl. OLG Oldenburg BeckRS 2018, 1364; OVG Münster v. 16.6.2014 – 12 E 625/14, juris; FG Hamburg AGS 2015, 285; BeckOK-Streitwert/Dürbeck, 22. Ed. (1.1.2018), "Verfahren der Wertfestsetzung" Rn 13).
Der Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG ist im Übrigen auch deshalb nach § 33 Abs. 2 RVG zulässig, weil der Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers fällig ist. Im Falle einer vorzeitigen Mandatsbeendigung tritt insoweit eine die Fälligkeit auslösende Erledigung des Auftrages i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 1 RVG ein (vgl. Hartmann, KostG., 47. Aufl., 2017, § 8 RVG Rn 8).
Die Beschwerde ist auch zum großen Teil begründet.
Für die Wertberechnung in Bezug auf die Anwaltsgebühren gelten die Ehescheidung und die im Verbund stehenden Folgesachen als dieselbe Angelegenheit (§ 16 Nr. 4 RVG).
Nicht von der Beschwerde angegriffen und im Ergebnis zutreffend hat das AG den nach § 43 FamGKG zu bestimmenden Wert des Ehescheidungsverfahrens in Ansehung des Einkommens der Beteiligten mit einem Betrag von 6.150 EUR bestimmt. Hinzuzurechnen sind insoweit nach der Rechtsprechung der Senate des OLG Frankfurt 5 % des Vermögens der Ehegatten, wobei außerhalb des Bezirks des 2. und 7. Familiensenats ein Freibetrag von je 25.000 EUR in Abzug zu bringen ist (OLG Frankfurt FamRZ 2018, 523). Entgegen der Auffassung der Beschwerde kann jedoch vorliegend nicht von einem gemeinsamen Vermögen der Ehegatten in Höhe von 767.754 EUR ausgegangen werden, da die insoweit geäußerte Behauptung des Antragsgegners bestritten worden ist. Maßgeblich ist insoweit das von der Antragstellerin angeführte niedrigere Gesamtvermögen beider Ehegatten in Höhe von 478.885 EUR. Hieraus errechnet sich nach Abzug des Freibetrages ein Wert i.H.v. 21.444 EUR.
Für den Versorgungsausgleich (§ 50 FamGKG) ist unstreitig ein Wert von 1.845 EUR zu berücksichtigen.
In der Folgesache Gü...