Freiwillige Zuwendungen der Kinder an ihre bedürftigen Eltern sind selten und im Sozialrecht nur relevant, wenn die Hilfebedürftigkeit zu beurteilen ist. Unterhaltsansprüche, die Großeltern unmittelbar gegen ihre Kinder und Enkel geltend machen, kommen in der Rechtsprechung hingegen nicht vor. Gerichtliche Auseinandersetzungen sind der Feind jeder persönlichen Beziehung. Die familiäre Bindung wirkt daher verständlicherweise als Hemmschuh, welcher die alten Leute davon abhält, gerichtlich gegen ihre Angehörigen vorzugehen. Bereits das Wissen um einen möglichen Regress durch das Sozialamt genügte, um keine öffentlichen Hilfen zu beantragen. Die deshalb drohende verschämte Altersarmut veranlasste den Gesetzgeber, mit der sozialen Grundsicherung ein eigenständiges Sicherungssystem zu schaffen. Das 2003 in Kraft getretene Gesetz ist kurz darauf als soziale Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im SGB XII aufgegangen. Nach dem ursprünglichen Entwurf waren Ansprüche gegenüber Kindern generell nicht zu berücksichtigen. Erst auf Drängen der Länder wurde im Vermittlungsverfahren die bekannte 100.000 Euro-Grenze eingezogen. Angesichts des über 15 Jahre eingetretenen Kaufkraftverlustes wäre es folgerichtig, diese Grenze deutlich anzuheben.
Das Verhältnis zwischen der Grundsicherung und den Hilfen in Einrichtungen ist bis heute nicht befriedigend gelöst. Gleichbehandlung und Systemgerechtigkeit erfordern es, die besonderen Vorschriften über die Hilfen in Einrichtungen vollständig in das System der sozialen Grundsicherung zu integrieren. Bis es so weit ist, eröffnet das SGB XII die Möglichkeit, die eigenen Kinder wegen der geleisteten Hilfen im Regressweg in Anspruch zu nehmen. Der Anspruchsübergang ist auf Verwandte ersten Grades beschränkt. Enkel sind von einem Rückgriff bereits seit 1974 ausgenommen. Der Gesetzgeber folgte mit dieser Gesetzesänderung einer Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge und führte zur Begründung aus, dass die Heranziehung von Großeltern und Enkeln nicht mehr der gewandelten gesellschaftlichen Anschauung entspreche. Zudem vermeide die Beschränkung beim Regress ein eigentlich nicht erwünschtes Eindringen in die innerfamiliären Beziehungen. Unsere heutigen Probleme sind so neu nicht, hatte sich doch der Deutsche Verein schon 1971 für eine grundlegende Reform des Verwandtenunterhalts ausgesprochen.
Der Regress betrifft nicht allein das Verhältnis Eltern – Kind, sondern lässt auch die Enkelgeneration nicht unbeeinflusst. Zur Illustration soll eine BGH-Entscheidung aus 2016 dienen:
Der Sohn soll für die Kosten seines in einem Heim lebenden Vaters aufkommen. Er selbst lebt mit seiner Lebensgefährtin in häuslicher Gemeinschaft. Zum Haushalt gehören außerdem die gemeinsame fünfjährige Tochter sowie zwei halbwüchsige Kinder aus einer früheren Ehe seiner Partnerin. Amtsgericht und Oberlandesgericht haben Unterhaltsleistungen für die nur in Teilzeit tätige Lebensgefährtin unberücksichtigt gelassen. Ihr stehe kein Unterhaltsanspruch aus § 1615l BGB mehr zu. Stichhaltige Gründe für eine Verlängerung des Anspruchs gäbe es nicht. Also sei der Anspruch auf Elternunterhalt vorrangig. Die Aufwendungen für den Lebensunterhalt seien dabei nicht als Belastung zu berücksichtigen.
Der BGH hat diese Überlegungen im Grundsatz gebilligt, jedoch dem verlängerten Betreuungsunterhalt ein weiteres Element hinzugefügt: das Vertrauensprinzip, wenn die Mutter das gemeinsame Kind im beiderseitigen Einvernehmen weiterhin betreue. Eine solches Arrangement müsse ein unterhaltsberechtigter Elternteil gegen sich gelten lassen, wenn es den berechtigten Interessen innerhalb der neuen Familie entspreche. Dies leuchtet unmittelbar ein und hätte man Opa oder Enkelin gefragt, wären wohl keine Einwände zu erwarten.
Die Tücke der Argumentation liegt im Unterhaltsrecht. Der in unserem Fall unterhaltspflichtige Sohn hätte die Voraussetzungen für einen verlängerten Anspruch auf Betreuungsunterhalt darzulegen, was mit zunehmendem Alter der eigenen Kinder schwieriger wird. Es bedarf keiner besonderen Phantasie, welche Probleme bei Kindesunterhalt, Betreuungskosten, Haushaltshilfen usw. auftreten, wenn die tatsächliche Versorgung der gemeinsamen und der weiteren Kinder durch eine fiktive Erwerbstätigkeit der Lebensgefährtin ersetzt wird. Zur Wahrung der Lebensstellung des Sohnes wäre die bisher überwiegend für "Kost und Logis" erbrachte Haushaltsversorgung zu kommerzialisieren und als Aufwand zu berücksichtigen, soweit kein ausreichendes Einkommen aus anderen Quellen verfügbar ist. Will man zudem noch innerhalb der bestehenden Haushaltsgemeinschaft nach gemeinsamen und nicht gemeinsamen Kindern differenzieren, steht man vor der Quadratur des Kreises. Die Eltern-Kind-Beziehung lässt eine solche Unterscheidung gar nicht zu. Die bewusste Zurücksetzung eines Kindes gegenüber den Geschwistern wäre in hohem Maß kindeswohlgefährdend.
Bemerkenswert ist noch ein weiterer Aspekt: Eine verfestigte Lebe...