Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Gesamt-Hrsg.)Kaiser/Schnitzler/Friederici/Schilling (Band-Hrsg.)Band 4, 3. Auflage 2014, 3.194 Seiten, 198 EUR, Nomos Verlag
Mit der nunmehr 3. Auflage des Bandes "Familienrecht" knüpft der Nomos-Kommentar zum BGB an eine Erfolgsgeschichte an, die ihn bereits seit der 1. Auflage begleitet. Zu danken ist dies zum einen seinem Konzept, das Praxisbezug und wissenschaftliche Vertiefung in gekonnter Weise miteinander vereinigt. Die Gewähr hierfür bieten zum anderen die Autoren und Herausgeber, deren Namen sich wie das "who is who" des Familienrechts lesen. Hier ist der Sachverstand von Richtern, Fachanwälten und Hochschullehrern vereint, die in bemerkenswert klarer und verständlicher Darstellungsweise dem Rechtsanwender nicht nur Inhalt und dogmatische Grundlagen der verschiedenen Sparten des Familienrechts vermitteln und ihm damit das nötige Rüstzeug zum selbstständigen "Weiterdenken" dort geben, wo sich die Lösung nicht unmittelbar aus dem Gesetz ablesen lässt, sondern die diese Grundlagen auch anreichern mit den verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten und gegebenenfalls abweichenden Meinungen in Literatur und Rechtsprechung. Dass sie dabei aber nicht bei der reinen Darstellung der Probleme verharren, sondern eigenständige und praxisnahe Lösungen erarbeiten, ist das große Verdienst dieser Autoren.
Von der behandelten Materie her lässt der Kommentar keine Wünsche offen und zeichnet sich durch große Aktualität aus:
Eingearbeitet sind nicht nur alle Entwicklungen, die Rechtsprechung und Lehre seit der großen Reform 2008 durchlaufen haben – nur beispielhaft seien hierfür die anschaulichen Darstellungen des § 1570 BGB und des § 1578b BGB erwähnt –, der Kommentar enthält darüber hinaus Darstellungen zur Reform der elterlichen Sorge bei nicht verheirateten Paaren sowie den neuen Informations- und Umgangsrechten des biologischen Vaters; zur Beschneidung des männlichen Kindes gemäß § 1631d BGB; zur Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme in § 1906 BGB; zum neuen deutsch-französischen Wahlgüterstand in § 1519 BGB; zum Gewaltschutzgesetz und Lebenspartnerschaftsgesetz; zu Steuerfragen, soweit sie unterhaltsrechtlichen Bezug aufweisen; schließlich auch – interessant insbesondere für den Anwalt – zu gebühren- und kostenrechtlichen Neuerungen durch die Kostenrechtsnovelle 2013.
Angesichts der zunehmenden Europäisierung und Internationalisierung familienrechtlicher Verfahren, die den Rechtsanwender vor eine Fülle von Problemen bei der Anwendung ausländischen Rechts stellen, bilden die Länderberichte mit ihrer Darstellung der familien-, zum Teil auch erbrechtlichen Regelungen aller europäischen Staaten sowie des Irans, der Türkei und Russlands eine hervorragende Ergänzung, sozusagen einen kleinen "Bergmann-Ferid" neuer Prägung.
Damit bietet das Werk eine umfassende Darstellung sämtlicher Regelungsgegenstände des nationalen und zum Teil auch ausländischen materiellen Familienrechts, die einen Rückgriff auf andere Quellen weitgehend entbehrlich macht. Er erweist sich als unerlässlicher Helfer für alle Rechtsanwender, für die eine vertiefende Befassung mit dem Familienrecht erforderlich ist.
Noch ein Wort zur äußeren Ausstattung: Das Buch ist "zart besaitet". Das auch vom äußeren Volumen her sehr umfangreiche Werk (mehr als 3.000 Seiten) musste auf ganz feinem Dünndruckpapier gedruckt werden, um die Aufteilung in zwei Halbbände zu vermeiden. Man sollte also sensibel damit umgehen.
Autor: Dr. Meo-Micaela Hahne
Dr. Meo-Micaela Hahne, Vors. Richterin am BGH i.R.
FF 9/2014, S. 379 - 380