Das mit den Stimmen der CSU am 1.6.2016 vom Bayerischen Landtag beschlossene bayerische Betreuungsgeld versucht, nahezu lückenlos an das Bundesbetreuungsgeld anzuknüpfen, dessen Erfolgsgeschichte erstaunlicherweise nicht in Bayern spielt. Von den bundesweit 570.599 Beziehern im 3. Quartal 2015 wohnen 139.951 in Nordrhein-Westfalen. Bayern nimmt mit 126.809 Beziehern nur den zweiten Platz ein, gefolgt von Baden-Württemberg mit 110.261 Bezugsberechtigten. Bundesweit entfallen 94,6 % auf die Mütter und lediglich 5,4 % auf die Väter. Allerdings sind es auch beim Elterngeld nur 2,3 % der Väter, die das Elterngeld für elf Monate oder länger beziehen, aber 97,7 % der Mütter, wobei die Tendenz bei den Vätern sogar rückläufig war.
Bayern will nunmehr das überwiegend in Nordrhein-Westfalen bezogene Betreuungsgeld für den Freistaat auf Länderebene lückenlos fortführen. Allerdings erfolgt dies nicht vollständig eins zu eins. Anspruchsvoraussetzung ist nämlich entgegen § 4a BEEG nach Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 BayBtGG nicht nur, dass der Anspruchsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Freistaat Bayern hat, sondern die auszuzahlende Leistung wird zusätzlich daran angeknüpft, dass Eltern ihre Kinder rechtzeitig zu den ärztlichen Früherkennungsuntersuchungen bringen (Art. 1 Abs. 1 Nr. 4 BayBtGG). Damit wird die Gesundheitsprävention ein zusätzliches, neues Ziel des Betreuungsgeldes. Auch bei der Anmeldung in einer Kindertageseinrichtung oder bei Aufnahme eines Kindes in der Tagespflege müssen Eltern die altersentsprechende Früherkennungsuntersuchung nachweisen. Daher ist es konsequent, die Früherkennungsuntersuchung auch beim Betreuungsgeld als korrespondierender Leistung zur Kinderbetreuung zu fordern. Der bayerische Gesetzgeber will mit dem bayerischen Betreuungsgeld dem Umstand Rechnung tragen, dass im zweiten Quartal des Jahres 2015 73 % derjenigen Personen, die Anspruch auf Betreuungsgeld hatten, diese Leistung in Bayern in Anspruch genommen haben. Das Betreuungsgeld soll nach der Gesetzesbegründung "der Anerkennung und Unterstützung der Erziehungsleistung von Eltern mit Kleinkindern" dienen und "die Wahlfreiheit von Vätern und Müttern" verbessern. Gleichzeitig schließt es die verbliebene Lücke bei den staatlichen Förder- und Betreuungsangeboten für Kinder bis zum dritten Lebensjahr. Die bayerische SPD plädiert dafür, das Geld in neue KiTa-Plätze zu investieren. Die Freien Wähler und der Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Landesverband Bayern e.V. lehnen das Betreuungsgeld vor allem deshalb ab, da es Frauen davon abhalte, berufstätig zu sein. Mitunter wird gegen das Betreuungsgeld eingewandt, dass Kinder aus der Arbeiterschicht und aus Familien mit Migrationshintergrund in öffentlichen Einrichtungen besser aufgehoben seien als in ihren Familien. Hierzu gehört auch das (meist nur hinter vorgehaltener Hand geäußerte) "Argument", in sozial schwachen Familien werde das Betreuungsgeld ohnehin nur in Zigaretten und Alkohol investiert.
Der bayerische Gesetzgeber hat, anders als es in § 11 BEEG erfolgt ist, keine explizite Regelung hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Betreuungsgeld und Unterhaltspflichten in das BayBtGG aufgenommen. Das bayerische Betreuungsgeld hat wie das frühere Betreuungsgeld nach § 4a BEEG Lohnersatzfunktion und ist deshalb grundsätzlich als Einkommen des bezugsberechtigten Elternteils zu berücksichtigen. Anders als das frühere Bundesbetreuungsgeld ist es mangels diesbezüglicher gesetzlicher Regelung keine teilweise Sozialleistung. Die Differenzierung zwischen einem Teil der Leistung, der Grundzüge einer Sozialleistung trägt und deshalb nur bei gesteigerter Unterhaltspflicht oder Verwirkung als Einkommen anzurechnen ist, und dem grundsätzlich als Einkommen anrechenbaren Teil entfällt somit beim bayerischen Betreuungsgeld mangels einer diesbezüglichen gesetzlichen Anordnung.