Die Erwerbsobliegenheit als solche ist dabei nicht besonders problematisch. Hier spielen im Regelfall rechtliche Überlegungen eine Rolle. Grundsätzlich ist eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zu verlangen. Bei der Unterhaltsverpflichtung gegenüber minderjährigen Kindern verlangt die verschärfte Haftung aus § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB auch eine Nebentätigkeit.
Das BVerfG hat erneut bestätigt, dass die Verletzung dieser Erwerbsobliegenheit zur Anrechnung fiktiver Einkünfte führt. Auch hier gelten die allgemeinen Regeln der Darlegungs- und Beweislast.
So wird im Verfahren 1 BvR 1530/11 ausgeführt:
Zitat
Daher ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden, wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese "bei gutem Willen" ausüben könnte (vgl. BVerfGE 68, 256 <270>). Die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen wird also nicht allein durch sein tatsächlich vorhandenes Einkommen bestimmt, sondern auch durch seine Erwerbsfähigkeit und seine Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.2.2010 – 1 BvR 2236/09 – juris Rn 17; BGH, Urt. v. 9.7.2003 – XII ZR 83/00 – juris Rn 22; Urt. v. 3.12.2008 – XII ZR 182/06 – juris Rn 20).
bb) Die Gerichte haben beanstandungsfrei festgestellt, dass der Beschwerdeführer sich nicht ausreichend um eine Erwerbstätigkeit in seinem Beruf oder in einer anderen Position bemüht hat. Dabei sind sie vertretbar davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer nicht dargetan habe, krankheitsbedingt an der Ausübung einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit gehindert zu sein, da ein Grad der Behinderung von 50 % für sich alleine der Ausübung einer Vollzeittätigkeit nicht entgegenstehe. Zur Begründung haben sie nicht nur nachvollziehbar darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer Leistungen nach dem SGB II beziehe, die gemäß § 7 SGB II nur erwerbsfähige Hilfsbedürftige erhalten. Sie haben ihre Annahme überdies insbesondere darauf gestützt, dass der Beschwerdeführer – mit einem Grad der Behinderung von 50 % – 2005 noch an zwei Berufspraxismaßnahmen für Beton- und Stahlbauer und 2008 ohne Fehlzeiten an einer Vollzeitarbeitsbeschaffungsmaßnahme teilgenommen habe, was gegen entsprechende zeitliche Einschränkungen seiner Erwerbsfähigkeit spreche.
Damit ist klargestellt, dass der Unterhaltspflichtige für mögliche Einschränkungen seiner – grundsätzlich vollschichtig bestehenden – Erwerbsobliegenheit weiterhin darlegungs- und beweisbelastet bleibt. Auch ausreichende Bemühungen um eine solche Arbeitsstelle müssen vom Unterhaltspflichtigen dargelegt und ggf. nachgewiesen werden.
Der Bezug einer Erwerbsminderungsrente allein genügt nicht zum Nachweis der völligen Erwerbsunfähigkeit. Denn rentenrechtlich liegt bereits eine volle Erwerbsminderung vor, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auf nicht absehbare Zeit nur noch weniger als drei Stunden täglich im Rahmen einer 5-Tage-Woche erwerbstätig sein können. Damit ist aber aus unterhaltsrechtlicher Sicht eine – geringe – Erwerbstätigkeit noch nicht gänzlich ausgeschlossen; hierzu muss folglich konkret vorgetragen werden.