Logische Vorstufe einer konkreten Sachverhaltsfeststellung und der anschließenden Prüfung durch das Gericht nach den Vorgaben des BVerfG ist immer der Sachvortrag des Anwalts.
Der Vorwurf an die Gerichte, im konkreten Fall keine Feststellungen getroffen zu haben, darf daher nicht als Einstieg in ein Amtsermittlungsverfahren missverstanden werden. Denn das Gericht kann nach den geltenden verfahrensrechtlichen Regelungen der ZPO, die in Unterhaltsverfahren gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG weiterhin anzuwenden ist, nur solche Fakten feststellen, die von den Beteiligten im Rahmen ihres Sachvortrages ins Verfahren eingebracht worden sind. Der Beibringungsgrundsatz gilt auch im Unterhaltsverfahren!
Das BVerfG verlangt die gründliche Prüfung des vorgetragenen Sachverhaltes, aber keine Ermittlung von Amts wegen. Die Darlegungs- und Beweislast für seine mangelhafte Leistungsfähigkeit und damit seine erzielbaren Einkünfte liegt weiterhin beim Unterhaltspflichtigen!
Dies bezieht sich einmal bereits auf die Behauptung, er erziele kein Einkommen. Denn in erster Linie ist auf die tatsächlich erzielten Einkünfte abzustellen. Der Unterhaltspflichtige muss also substanziierte Ausführungen zu seinem vorhandenen Einkommen, seinem Vermögen und ggf. sonstigen für seine Leistungsfähigkeit maßgeblichen Umständen machen. Geschieht dies nicht, ist die Behauptung mangelnder tatsächlicher Leistungsfähigkeit unsubstanziiert und daher unbeachtlich.
Erst wenn seine tatsächliche Leistungsunfähigkeit nach diesen Maßstäben feststeht, ist die fiktive Leistungsfähigkeit überhaupt zu prüfen.
Im gerichtlichen Verfahren ist daher der nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige auch weiterhin gehalten, sowohl seine nachhaltigen Bemühungen um den Erhalt eines Arbeitsplatzes darzulegen als auch substanziierten Sachvortrag hinsichtlich aller Einschränkungen seiner Leistungsfähigkeit zu bringen. Er darf sich dabei nicht auf allgemein gehaltene Formeln beschränken, wie auf den pauschalen Vortrag, er sei nicht vermittelbar, sondern muss detailliert unter Beweisantritt seinen beruflichen Werdegang der letzten Jahre nachzeichnen.
Beruft er sich auf persönliche Einschränkungen, z.B. gesundheitlicher Art, so muss er auch deren Auswirkungen auf eine mögliche Berufsausübung dezidiert begründen. Bei gesundheitlichen Einschränkungen ist auch die Obliegenheit zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu beachten. Es muss also, wenn eine solche Genesung nicht gänzlich ausgeschlossen ist, genau dargelegt werden, welche Schritte in dieser Richtung unternommen worden sind und warum keine Besserung eingetreten ist.
Wenn der Unterhaltsschuldner an Arbeitsförderungsmaßnahmen oder anderen Qualifizierungsmaßnahmen teilnimmt, empfiehlt es sich, die in diesem Zusammenhang ergangenen Bescheide und evtl. vorliegende Untersuchungsergebnisse sogleich mit vorzulegen. Kann der Unterhaltspflichtige den Beweis der Unzumutbarkeit seiner Erwerbstätigkeit nicht führen, so muss er mit der Zurechnung fiktiver Einkünfte rechnen.
Nach den Vorgaben des BVerfG muss dann konkret – aber aufgrund des vorgetragenen Sachverhaltes – geprüft werden, ob der hier in Anspruch genommene Unterhaltspflichtige die in Betracht zu ziehende Tätigkeit überhaupt ausüben kann. Seine bisherige Erwerbsbiographie ist für diese Frage von erheblicher Bedeutung. Wer seinen erlernten Beruf nie oder seit einigen Jahren nicht mehr ausgeübt hat, wird ohne vorbereitende und qualifizierende Maßnahmen – zu denen er allerdings verpflichtet ist – nur schwer eine Anstellung finden. Die Darlegungslast erstreckt sich auch auf diese Gesichtspunkte.
Nach einer Phase der Arbeitslosigkeit ist es unter solchen Umständen unterhaltsrechtlich nicht vorzuwerfen, wenn auf andere Tätigkeitsbereiche ausgewichen wird. Das dann nur erzielte geringere Einkommen müssen auch die Unterhaltsberechtigten hinnehmen.
Ist der Unterhaltspflichtige nach Arbeitslosigkeit wieder in vollem Umfang erwerbstätig, so kann ihm ein höheres erzielbares Einkommen nur dann fiktiv angerechnet werden, wenn eindeutige Hinweise darauf bestehen, dass er ein konkretes besseres Angebot ausgeschlagen hat.
Aufgrund seiner weiterhin bestehenden Darlegungs- und Beweislast kann der nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige sich nicht darauf zurückziehen, lediglich zu behaupten, er könne ja keine (ausreichend hoch bezahlte) Arbeit bekommen. Es ist weder Aufgabe des Gerichts noch der Unterhaltsberechtigten, die Höhe erzielbarer Einkünfte nachweisen; vielmehr ist es Sache des Unterhaltspflichtigen, dies im Einzelnen darzutun. Zumindest ist von ihm ein nachvollziehbarer und belegter Vortrag zur Höhe des erzielbaren Mindestlohns in einer für ihn in Betracht kommenden Branche zu fordern. Erst damit hat er überhaupt das Gericht in die Lage versetzt, zu überprüfen, ob dieser Sachvortrag tatsächlich den Gegebenheiten auf dem (für den Unterhaltspflichtigen in Betracht kommenden) Arbeitsmarkt widerspricht.
Die Nagelprobe bietet der praktische ...