Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1990
Tenor
Nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache werden die Kosten des Verfahrens den Klägern auferlegt.
Gründe
Die Beteiligten haben übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Es war daher nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.
Ob in einer Untätigkeitsklage überhaupt eine Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache – eintreten kann, kann vom Gericht nicht mehr entschieden werden. Insoweit ist der Berichterstatter an die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten gebunden. Der Berichterstatter weist jedoch auf die Darlegungen in Gräber/von Groll hin (§ 46 FGO Anm. 34), nach der die vom Prozeß Vertreter der Kläger dargelegte und für richtig erachtete Rechtsauffassung wohl nicht im Sinner der Kläger zu beantworten sein dürfte.
Bei der Kostenentscheidung ist der mögliche Ausgang des Klageverfahrens im Wege einer summarischen Prüfung zugrunde zu legen. Eine Beweiserhebung für die Ermittlung der Kostentragungspflicht ist nicht geboten.
Der Einkommensteuerbescheid vom 29. Dezember 1995 war nicht nichtig. Ein Verwaltungsakt ist nach der gesetzlichen Formulierung nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offenkundig ist, § 125 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).
Als Nichtigkeitsgrund kommt die fehlende verbandsmäßige Zuständigkeit des Finanzamts Heidelberg nicht in Betracht. Unter dem Begriff der verbandsmäßigen Zuständigkeit versteht man allgemein die Zuständigkeit der Behörde eines steuerberechtigten Verbandes. Zwar machen Fehler in der verbandsmäßigen Zuständigkeit einen Verwaltungsakt in der Regel nichtig (Söhn: Finanzrundschau 1971, 410). Diese Rechtsfolge tritt jedoch nur dann ein, wenn für die Besteuerung der Ort der Tatbestandsverwirklichung wesentlich ist; dies ist bei der Einkommensteuerveranlagung nicht der Fall (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1970 IV R 247/69 Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH –BFHE– 101, 91). Da die Einkommensteuer nicht gebietsgebunden ist, verstößt es nicht gegen Vorschriften über die Verbandskompetenz, wenn ein unzuständiges Finanzamt Einkommensteuer-Veranlagungszeiträume erfaßt, in denen der Steuerpflichtige in einem anderen Bundesland lebt. Ausweislich des Urteils des Bundesfinanzhofs besteht auch kein Bedürfnis dafür, die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der förderativ gestalteten Verfassung durch die Einführung eines Merkmals „verbandsmäßige Zuständigkeit” zu erschweren, da dies dem Rechtsschutz der Bürger nichts nutzen würde, der Rechts-, Wirtschafts- und Verbandseinheit von Bund und Ländern entgegengerichtet und der dem Bund und den Ländern aufgegebenen organisatorischen Ordnung nicht förderlich wäre (Tipke/Kruse § 16 AO Tz. 3, § 125 AO Tz. 4 a).
Da somit allein das Fehlen der verbandsmäßigen Zuständigkeit den Einkommensteuerbescheid nicht nichtig macht, kann sich eine Nichtigkeit nicht daraus ergeben, weil das örtlich unzuständige Finanzamt den Verwaltungsakt erlassen hat, § 125 Abs. 3 Nr. 1 AO.
Der Einkommensteuerbescheid 1990 vom 29. Dezember 1995 ist innerhalb der gesetzlichen Festsetzungsfrist erlassen worden.
Zwar steht fest, daß die Kläger den Steuerbescheid erst am 3. Januar 1996 erhalten haben. Die Festsetzungsfrist war daher zum Zeitpunkt des Zugangs des Bescheides bereits abgelaufen. Die Festsetzung der Einkommensteuer ist jedoch rechtmäßig, wenn der Steuerbescheid vor Ablauf der Festsetzungsfrist den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat und die Finanzbehörde alle Voraussetzungen eingehalten hat, die für den Erlaß eines wirksamen Steuerbescheids vorgeschrieben sind (BFH-Beschluß vom 22. August 1996 V B 30/96 BFH/NV 1997, 162; BFH-Urteil vom 31. Oktober 1989 VIII R 60/88 BFHE 160, 7).
Bei der Bearbeitung des Falles hatte sich der Sachbearbeiter vermerkt, daß ein Eilfall vorliege; auch hatte er am 21. und 27. Dezember 1995 die sachliche Richtigkeit des Veranlagungsfalles geprüft. Der Einkommensteuerbescheid ist zudem am 29.12.1995 frankiert worden. Es ist daher davon auszugehen, daß dem Beklagten die besondere Eilbedürftigkeit der Bekanntgabe angesichts der drohenden Festsetzungsverjährung bekannt war.
Nach den Unterlagen des Beklagten war die Poststelle am 29. Dezember 1995 mit sieben Mitarbeitern besetzt. Der Leiter der Poststelle des Finanzamtes, Verwaltungsangestellter K. hat versichert, daß alle Postsendungen, die auf den 29. Dezember 1995 datiert waren, an diesem Tag zur Post gebracht worden sind. Gerade zum Jahresende werde die Postaufgabe der Sendungen besonders gewissenhaft überwacht. Dies um so mehr, als der 29. Dezember zugleich der letzte Arbeitstag gewesen sei. Ob der Steuerbescheid mit der Vormittagspost oder mit der Nachmittagspost zur Post gebracht worden sei, könne angesichts der Vielzahl der Poststücke jedoch nicht mehr aufgeklärt werden.
Dieser Einlassung des Finanzamtes steht die schriftliche...