Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfolgsaussichten eines Klageverfahrens wegen des Kindergeldanspruchs einer Ausländerin ohne Aufenthaltserlaubnis bzw. -berechtigung. Prozeßkostenhilfe
Leitsatz (redaktionell)
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 1 Abs. 3 BKGG a.F., wonach die Nichtgewährung von Kindergeld an Ausländer, die keine Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung, sondern nur eine Aufenthaltsbefugnis haben, verfassungswidrig ist, ist Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren einer Ausländerin zu bewilligen, mit dem sie für einen Zeitraum Kindergeld beantragt, für den ihr rückwirkend eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 1 S. 1; BKGG 1995 § 1 Abs. 3 S. 1; FGO § 142; ZPO § 114; GG Art. 3, 6
Tenor
1. Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für den ersten Rechtszug bewilligt, soweit sie sich mit ihrer Klage gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Gewährung von Kindergeld für die Kinder …, geb … Februar 2001, und …, geb. … November 2002, für die Zeit von Januar 2003 bis März 2004 wendet.
2. Der Antragstellerin wird Rechtsanwalt …, beigeordnet.
Tatbestand
I.
In der Sache ist streitig, ob die Antragstellerin für die Kinder …, geb. 18. Februar 2001, und …, geb. 6. November 2002, für die Zeit von Januar 2003 bis März 2004 Anspruch auf Kindergeld hat.
Die Antragstellerin ist Staatsangehörige des Staates Ghana. Sie reiste als Mutter von damals zweier – inzwischen dreier – Kinder Anfang November 2002 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Die Antragstellerin erhielt erstmals mit Datum vom 23. April 2004 eine bis zum 22. April 2005 befristete Aufenthaltserlaubnis. Am 2. Juli 2004 erhielt die Antragstellerin eine weitere Aufenthaltserlaubnis, welche rückwirkend zum 30. Januar 2003 erteilt wurde, weil mit der Geburt des zweiten Kindes … und dessen deutscher Staatsangehörigkeit ein Aufenthaltsrecht der Antragstellerin in Deutschland auf Dauer erworben wurde. Mit der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vom 2. Juli 2004 war die vorangegangene Aufenthaltserlaubnis vom 23. April 2004 erloschen.
Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vom 2. Juli 2004 hatte sich verzögert, weil das zuständige Standesamt in Deutschland im Wege der Amtshilfe durch die deutsche Botschaft in Ghana die Staatsangehörigkeit des Kindes … überprüfen ließ.
Mit Antrag vom 6. Oktober 2003 beantragte die Antragstellerin rückwirkend Kindergeld für die Kinder … und … für den Zeitraum von Januar 2003 bis März 2004. Mit Bescheid vom 28. Juli 2004 lehnte die Bundesagentur für Arbeit – Familienkasse – die rückwirkende Gewährung von Kindergeld für den Zeitraum Januar 2003 bis März 2004 ab.
Mit Schreiben vom 24. August 2004 legte die Antragstellerin Einspruch gegen den Bescheid vom 28. Juli 2004 ein. Die Bundesagentur für Arbeit hat mit Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 2005 diesen Einspruch der Antragstellerin als unbegründet zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 16. Februar 2005, Eingang beim Finanzgericht am gleichen Tag, stellte die Antragstellerin vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten Antrag, Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten zu bewilligen und die als Anlage beigefügte Klage nach Bewilligung in den Geschäftsgang zu geben.
Die Antragstellerin bezieht gegenwärtig für sich und ihre drei Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den Bestimmungen des SGB II (Arbeitslosengeld II).
Auf den Inhalt der als Anlage zum Prozesskostenhilfeantrag eingereichten Klageschrift vom 16. Februar 2005 (Prozesskostenhilfeakte Blatt 16 bis 19), der Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit vom 28. Juli 2004 (Prozesskostenhilfeakte Blatt 24) und der Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 2005 (Prozesskostenhilfeakte Blatt 28 bis 30) wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen.
Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belege wurden als Anlage zum Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe beim Finanzgericht eingereicht (Prozesskostenhilfeakte Blatt 5 ff.).
Der Antragsgegner tritt in seiner Stellungnahme vom 23. März 2005 der Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zulässig und begründet. Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für den ersten Rechtszug bewilligt, soweit sie sich mit ihrer Klage gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Gewährung von Kindergeld für die Kinder …, geb … Februar 2001, und …, geb … November 2002, für die Zeit von Januar 2003 bis März 2004 wendet.
1. Prozesskostenhilfe wird einem Beteiligten in einem finanzgerichtlichen Verfahren auf Antrag unter der Voraussetzung gewährt, dass er nach seien persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder lediglich in Raten aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 142 FGO i.V.m. § 114 Zivilprozess...