rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Elternunterhalt von einem Kind wegen krankheitsbedingter Unterbringung eines Elternteils in einem Pflegeheim: Verfassungsmäßigkeit des Abzugs als außergewöhnliche Belastung unter Berücksichtigung der zumutbaren Belastung. Anknüpfung an der Gesamtbetrag der Einkünfte bei Zusammenveranlagung
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird ein Elternteil krankheitsbedingt in einem Pflegeheim untergebracht, so sind die von einem Kind im Rahmen des Elternunterhalts geleisteten Zahlungen sowie die an das Landratsamt aufgrund der Haftung für vom Landkreis geleistete Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII geleistete Zahlungen dem Grunde nach im Rahmen des § 33 Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig.
2. Die Regelung des § 33 EStG ist nicht verfassungswidrig, soweit danach Zahlungen im Rahmen des Elternunterhalts, die für die krankheitsbedingte Pflege des Elternteils geleistet werden, nicht in voller Höhe zum Abzug zugelassen werden. Insbesondere führt der nach § 33 Abs. 3 EStG vorgenommene Abzug weder zu einer Besteuerung des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums noch zu einer Ungleichbehandlung von Eltern- und Kindesunterhalt. Vielmehr trägt die Regelung über den Ansatz einer zumutbaren Belastung in Abs. 3 der Vorschrift dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung.
3. Auch die Anknüpfung der Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der zumutbaren Belastung an den Gesamtbetrag der Einkünfte in § 33 Abs. 3 EStG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Anschluss an BFH, Urteil v. 19.1.2017, VI R 75/14). Bei zusammenveranlagten Ehegatten besteht kein verfassungsrechtlicher Anspruch darauf, dass bei einem Elternunterhalt leistenden Ehegatten für die Ermittlung der zumutbaren Belastung nur die die eigenen Einkünfte dieses Ehegatten berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1-3, § 32 Abs. 6, § 33a Abs. 1; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1; BGB § 1606 Abs. 3 S. 1
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 21. Dezember 2017 wird geändert und die Festsetzung der Einkommensteuer auf den Betrag herabgesetzt, der sich unter Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von 4.596 EUR ergibt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten haben die Kläger 3/5, der Beklagte 2/5 zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Zahlungen im Rahmen des Elternunterhalts als außergewöhnliche Belastung.
Die Kläger sind Ehegatten und wurden in den Streitjahren 2012 und 2013 antragsgemäß zusammenveranlagt. Sie haben eine […] Tochter (T). In den Streitjahren leistete die Klägerin Beiträge zum laufenden Unterhalt ihrer Mutter in Höhe von 3.310 EUR (2012) bzw. 3.018 EUR (2013). Die Mutter war aufgrund eines Schlaganfalls ab 2010 bis zu ihrem Tod (September 2013) in einem Pflegeheim in A untergebracht, zunächst mit Pflegestufe 1, ab April 2013 mit Pflegestufe 3. Für die Heimunterbringung stellte das Pflegeheim regelmäßig Leistungen in Rechnung, die u.a. Kosten für Unterkunft und Verpflegung, eine Pflegepauschale und Pflegekosten (jeweils abhängig von der Pflegestufe) umfassten. In den Rechnungen wurde der von der Pflegeversicherung gezahlte Betrag als negativer Posten aufgeführt und zum Abzug gebracht. Die Rechnungen für das Jahr 2012 beliefen sich für die Monate Februar bis Dezember auf insgesamt 16.688,45 EUR, im Jahr 2013 von Januar bis August auf insgesamt 15.520,10 EUR. Dabei handelt es sich um die Monate, in denen die Klägerin laufenden Unterhalt leistete. Für September 2013, dem Monat, in dem die Mutter der Klägerin verstarb, leistete die Klägerin keinen Unterhalt, da die Einkünfte der Mutter die in diesem Monat noch angefallenen Heimkosten vollständig abdeckten. Wegen der Einzelheiten der Kosten wird auf die einzelnen Rechnungen des Pflegeheims verwiesen.
Die Mutter der Klägerin verfügte über eigenes Einkommen, das sich – jeweils nach Abzug des Anteils am Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung – im Jahr 2012 bis 30. Juni 2012 aus einer Altersrente in Höhe von 301,36 EUR, einer Witwenrente in Höhe von 878,68 EUR und einer Betriebsrente in Höhe von 84,00 EUR (zusammen 1.264,04 EUR) monatlich zusammensetzte. Ab 1. Juli 2012 betrug der monatlich überwiesene Betrag aus der Altersrente 307,95 EUR und aus der Witwenrente 897,87 EUR. Die Betriebsrente blieb gleich. Von da an betrug das Einkommen der Mutter der Klägerin aus Renten 1.289,82 EUR monatlich (siehe dazu die Mitteilung der Deutschen Rentenve...