Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1993 bis 1995
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist der Umsatzsteuersatz für die Lieferung von Knochenplatten, Knochengittern und beigefügten Nägeln und Schrauben.
Die 1978 gegründete Klägerin wurde mit Vertrag vom 12. Juni 1997 formwechselnd von einer GmbH (…) in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. Sie befaßte sich in den Streitjahren u.a. mit der Produktion und dem Vertrieb von chirurgischen und dentalen Instrumenten, Implantaten, medizinischen Erzeugnissen und Werkzeugen.
Aufgrund einer Umsatzsteuer (USt)-Außenprüfung für die Jahre 1993 bis 1995 wurde festgestellt, daß die Klägerin Lieferungen von Knochenplatten, Knochenschrauben und Knochengittern aus Titan vorgenommen habe. Die gelieferten Gegenstände hätten zur Behandlung von Knochenbrüchen, zur Verbindung von Knochen und in Einzelfällen auch als Knochenersatz gedient; zu diesen Zwecken würden sie dauernd oder zeitlich begrenzt in den Körper eingesetzt. Zu Unrecht habe die Klägerin diese Lieferungen dem ermäßigten Steuersatz unterworfen. Denn die Gegenstände seien nach ihrer objektiven Beschaffenheit als Vorrichtungen zum Behandeln von Knochenbrüchen zu werten und – mit Ausnahme des Produkts „T.” – dem Regelsteuersatz zu unterwerfen; gleiches gelte für die mitgelieferten Nägel und Schrauben.
Die Lieferungen der ermäßigt zu versteuernden Gegenstände unter der Bezeichnung „T.” seien wegen fehlender Angaben und Nachweise über die Höhe dieser Umsätze anhand einer Umsatzaufstellung für 1995 – gegliedert nach Artikelnummern – mit 1 % der bisher ermäßigt besteuerten Umsätze geschätzt worden.
Die Zollehranstalt der Oberfinanzdirektion (OFD) Freiburg stützte in Stellungnahmen – nach Rücksprache mit der zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt Berlin – die Auffassung der Prüferin. Im einzelnen vertritt sie folgende Auffassung: Die „Implantatsysteme” gehörten als Vorrichtungen zum Behandeln von Knochenbrüchen zur Code-Nr. 9021 1990 der Kombinierten Nomenklatur (KN). Separat gelieferte Knochenplatten seien als Teile wie die Hauptware der Code-Nr. 9021 1990 KN zuzuordnen und wie diese dem Regelsteuersatz zu unterwerfen. Die separat gelieferten Schrauben zu den Knochenplatten seien als „Teile mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit” gemäß Anmerkung 1 f Kapitel 90 KN von diesem Kapitel ausgenommen. Sie seien als Schrauben aus Stahl in die Position 73.18 KN bzw. als Schrauben aus Titan in die Position 81.08 KN einzureihen und unterlägen damit immer dem Regelsteuersatz.
Die Implantatsysteme könnten auch nicht als „Orthopädische Vorrichtungen” (Unterposition 9021 1910 KN) oder als „Prothese” angesehen werden. Die „Titan Microgitter”, die vom Arzt für die jeweilige Verwendung erst noch zugeschnitten werden müßten, seien nach ihrer stofflichen Beschaffenheit als Ware aus Titan in Position 81.08 KN einzureihen und unterlägen ebenfalls dem Regelsteuersatz.
Das beklagte Finanzamt (FA) schloß sich den Prüfungsfeststellungen und deren rechtlicher Beurteilung an und setzte dementsprechend mit USt-Änderungsbescheiden für 1993 bis 1995 vom 12. August 1997 die USt für 1993 von bisher … DM auf … DM, für 1994 von bisher … DM auf … DM und für 1995 von bisher … DM auf … DM fest. Entsprechend setzte es an Stelle der USt-Vorauszahlungen 1996 von insgesamt … DM mit USt-Bescheid für 1996 vom 26. März 1998 die USt 1996 auf … DM fest.
Die Einsprüche gegen die USt-Änderungsbescheide für 1993 bis 1995 führten aus vorliegend nicht relevanten Gründen zu einer Herabsetzung der USt 1993 auf … DM, 1994 auf … DM und 1995 auf … DM. Im übrigen wurden sie mit Einspruchsentscheidung vom 11. März 1998 zurückgewiesen. Der Einspruch gegen den USt-Bescheid 1996 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 1998 zurückgewiesen.
Mit ihren Klagen trägt die Klägerin insbesondere vor, im Hinblick auf die Besonderheit der hier fraglichen Gegenstände und ihrer Verwendung unterlägen die streitigen Umsätze nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) i.V.m. der Anlage/Liste dem ermäßigten Steuersatz. Die Knochenplatten und Knochengitter nebst dazugehörigen Schrauben bzw. Nägeln, die regelmäßig in Sets an die Abnehmer geliefert würden, fänden vor allem in der Gesichtschirurgie Verwendung. Mit Hilfe dieser Gegenstände würden orthopädische Korrekturen vorgenommen bzw. Anomalien und Knochenbrüche behandelt oder infolge von Tumoren bzw. Knochenerkrankungen ausgefallene oder defekte Knochenteile ersetzt und behandelt. Soweit es um Knochenbrüche ginge, übernähmen die Implantate zumeist bis zur Ausheilung des Knochens die Funktion eines orthopädischen Apparats, d.h. sie ersetzten die Stütz- und Haltefunktion des Knochens, um später – in Deutschland nach etwa 4 bis 24 Monaten – wieder entfernt zu werden. Soweit bei Mißbildungen – aufgrund medizinischer Indikation – Knochen gerichtet würden,...