Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlungen des Arbeitgebers für ein im Haus des Arbeitnehmers gelegenes Büro
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird ein vom Arbeitgeber im Haus des Arbeitnehmers angemieteter Raum wie bisher als häusliches Arbeitszimmer genutzt, erfolgt die vorrangige Nutzung des Arbeitszimmers im Interesse des Arbeitnehmers. Die „Mietzahlungen” des Arbeitgebers sind als Arbeitslohn zu erfassen.
2. Ein wesentliches Indiz hierfür bildet der Umstand, dass der Arbeitnehmer über ein eigenes Büro in den Räumen des Arbeitgebers verfügt.
Normenkette
EStG §§ 19, 21 Abs. 1, 3
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Anschrift: Finanzgericht Baden-Württemberg – Außensenate Karlsruhe –, Postfach 10 01 08, 76231 Karlsruhe
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Tatbestand
Streitig ist, ob Zahlungen des Arbeitgebers für ein im Haus des Arbeitnehmers gelegenes Büro zu Arbeitslohn oder zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen.
Die Kläger sind Eheleute und wurden für die Streitjahre 1996 und 1997 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger ist Gesellschafter und Geschäftsführer der B. GmbH (GmbH), die (Industrie-)Filter entwickelt und über Subunternehmer herstellt und vertreibt.
Die Kläger sind Miteigentümer eines für Wohnzwecke sowie für betriebliche bzw. berufliche Zwecke genutzten Einfamilienhauses. Im Erdgeschoss des Gebäudes befinden sich –vom Treppenhaus durch eine verglaste Eingangsdiele abgeschlossen– die Küche sowie mehrere Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräume; dazu gehört auch ein am Ende eines Nebenflures gelegenes etwa 16 qm großes (Arbeits-)Zimmer. Die (anteiligen) Aufwendungen für dieses Zimmer wurden bis zum Veranlagungszeitraum 1995 als Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer des Klägers geltend gemacht. Am 2. Januar 1996 schloss die Klägerin mit der GmbH einen Vertrag, wonach die Klägerin der GmbH den Raum für eine monatliche Miete von 140 DM „zum Betrieb eines Konstruktionsbüros einschließlich Archivräumen sowie aller damit zusammenhängenden Geschäfte” vermietete (vgl. Einkommensteuer-Akten –ESt-Akten– 1996 Bl. 37). Der Kläger verfügte über einen weiteren Arbeitsplatz in den Räumen der GmbH.
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für die Streitjahre beantragten die Kläger zuletzt (vgl. ESt-Akten 1996 Bl. 32), die (anteiligen) Raumkosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen und –nach Abzug der Zahlungen der GmbH an die Klägerin – Werbungskostenüberschüsse in Höhe von ./. 1.661 DM (1996) bzw. ./. 2.809 DM (1997) abzuziehen. Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) behandelte die streitigen Werbungskostenüberschüsse demgegenüber als nicht abziehbar und setzte die Zahlungen der GmbH mit (geänderten) Bescheiden vom 17. Juli 2000 und 26. Februar 2001 als Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit an (vgl. ESt-Akten 1996 Bl. 49; ESt-Akten 1997 Bl. 39). Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. Auf die Einspruchsentscheidung vom 28. Juli 2000 wird Bezug genommen.
Mit der dagegen erhobenen Klage begehren die Kläger weiterhin, die streitigen Werbungskostenüberschüsse bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin abzuziehen. Die Kläger tragen vor, die GmbH sei in einem durch Industriespionage gefährdeten Bereich tätig. Unterlagen („Blaupausen”) würden aus Sicherheitsgründen (Diebstahlsgefahr) im privaten Wohngebäude untergebracht. Ferner sei es undenkbar, dass Personalakten der Mitarbeiter offen oder verschlossen in den Büroräumen der GmbH aufbewahrt würden. Die Kläger weisen insoweit darauf hin, dass in den Geschäftsräumen der GmbH schon wegen des „wissenschaftlichen Klimas” eine Politik der „offenen Tür” unvermeidbar sei.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung dahin zu ändern, dass die streitigen Werbungskostenüberschüsse bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt und die Zahlungen der GmbH nicht als Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit behandelt werden.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA trägt vor, die anteiligen Grundstücksaufwendungen für das betreffende Zimmer seien bis 1995 als Aufwendungen für ein häuslich genutztes Arbeitszimmer erklärt und berücksichtigt worden. Auf Grund der geänderten Rechtslage seien die Aufwendungen ab 1996 nicht mehr abziehbar. Es bestehe kein überwiegend eigenbetriebliches Interesse der GmbH an einem Mietverhältnis; insoweit seien objektive Gesichtspunkte maßgeblich; der vermietete Raum in der Privatwohnung der Kläger könne nur durch den Kläger genutzt werden; eigene Dispositionen des Mieters seien nicht möglich.
Der Berichterstatter hat das (Arbeits-) Zimmer in Augenschein genommen und mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert. Auf die entsprechenden Niederschriften wir...