Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für eine Suchaktion eines nach einem Tauchgang verschollenen nahen Angehörigen
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen einer Mutter für eine Suchaktion ihres nach einem Tauchgang im Roten Meer verschollenen Sohnes, die sieben Wochen nach Kenntnis von der Verschollenheit durchgeführt worden ist, sind mangels sittlicher Verpflichtung nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn die Mutter unmittelbar nach dem Verschwinden ihres Sohnes an den Unglücksort gereist war, sich vor Ort über die Umstände des Verschwindens und die eingeleiteten Suchmaßnahmen kundig gemacht hatte und zudem eine eine Woche nach dem Verschwinden durchgeführte Suchaktion mittels Helikopter aussichtslos verlaufen war.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1-2
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen für eine Suchaktion des nach einem Tauchgang verschollenen Sohnes als außergewöhnliche Belastungen i. S. d. § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) zu berücksichtigen sind.
Der am 25. September 1975 geborene Sohn der Klägerin, Alexander, hielt sich im Streitjahr in Ägypten auf, wo er eine Ausbildung zum Tauchlehrer in Hurghada absolvierte. Am 08. September 1995 kehrte er, ebenso wie sein Begleiter … -G-, von einem Tauchgang im Roten Meer nicht mehr zurück. Hiervon erhielt die Klägerin am 09. September 1995 anlässlich eines Telefonates mit der Tauchstation Kenntnis, wobei sie von dort zunächst recht unterschiedliche Schilderungen über den Unglückshergang erhielt. Anfänglich hieß es, dass der Sohn und sein Begleiter mit zuviel Bleigewichten belastet gewesen seien und deshalb ertrunken seien, während es später hieß, die Taucher hätten sich in einem Wrack verfangen. Wiederum später hieß es dann, die beiden seien in einer Höhle in 65 m Tiefe verschollen. Zur weiteren Klärung der Vorgänge flog die Klägerin am 11. September 1995 zusammen mit ihrer Tochter nach Ägypten, um vor Ort recherchieren zu können. Dabei erfuhr sie, dass ihr Sohn und G am Vormittag des 08. September 1995 zusammen mit einer deutschen Touristengruppe einen Tauchgang unternommen hatte. Am Nachmittag des gleichen Tages unternahm er mit G einen weiteren Tauchgang, von dem die beiden nicht mehr zurückkehrten. Nachdem eine von den Angehörigen des G ca. eine Woche nach dem Unfall der beiden Taucher initiierte und finanzierte Suchaktion mittels eines Helikopters erfolglos geblieben war, organisierte die Klägerin eine aus acht Tauchern eines Tauchsportzentrums bei O. … sowie ihr selbst und einer weiteren Person bestehende Gruppe, die sich in der Zeit vom 02. November 1995 bis 10. November 1995 im Unglücksgebiet aufhielt und dort nach den Vermissten erfolglos suchte. Die Kosten für diese Suchaktion in Höhe von 20.011,40 DM, bestehend aus
- Kosten für 10 Flugtickes in Höhe von 5.850 DM
- Kosten für ein Schiff für fünf Tage in Höhe von 5.830 DM
- Transportkosten zum Flughafen München und zurück in Höhe von 1.000 DM
- Leihgebühren für die Taucherausrüstungen in Höhe von 7.269 DM
- und Kosten der Anfahrt nach O. in Höhe von 62,40 DM
machte die Klägerin im Rahmen ihrer Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1995 als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend. Dem folgte das beklagte Finanzamt (FA) im angegriffenen Einkommensteuerbescheid vom 13. März 1996 nicht. Ein dagegen am 26. März 1996 fristgerecht erhobener Einspruch blieb erfolglos und wurde mit Einspruchsentscheidung vom 08. August 1996 als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer fristgerecht am 10. September 1996 erhobenen Klage zu deren Begründung sie durch ihre Prozessbevollmächtigte im Wesentlichen folgendes vortragen lässt:
Aufgrund der unterschiedlichen Beschreibungen über den Unglückshergang, die sie von dem Betreiber der Tauchstation erhalten habe, habe die Klägerin den Eindruck gewonnen, dass die bisherige Suchaktion, wenn überhaupt, dann nur unsachgemäß durchgeführt worden sei. Auch sei sie nach dem Verschwinden ihres Sohnes mehrfach von einem vermutlich ägyptischen Staatsbürger, der weder französisch, englisch noch deutsch gesprochen habe, angerufen worden, der von einer Insel namens Shadwan gesprochen, habe. Diese Insel, auf der sich eine Militärstation befinden würde, liege ca. 2 km vom Unglücksort entfernt, so dass ihr vermisster Sohn möglicherweise dorthin abgetrieben worden sein könnte, da im Tauchgebiet starke Strömungen geherrscht hätten. All dies habe sie dazu bewogen, die Suche nach ihm selbst zu organisieren, insbesondere aber auch deshalb, weil sie von einem ähnlich gelagerten Fall eines Ehepaares gehört gehabt habe, dass in der Nähe des Unglücksortes vor ca. 1 ½ Jahren verschwunden, gewesen sei und das durch eine Suchaktion des Fernsehens ein Jahr später lebend gefunden worden sei. Mit der Tauchaktion habe die Klägerin schließlich auch den Versuch unternommen, zumindest die Leiche ihres Sohnes zu bergen. Die Suchaktion würde im übrigen auch noch andauern. Die Fernsehanstalten RTL und das französische Fernsehen TF1 würden weiter nach den Vermissten s...