Entscheidungsstichwort (Thema)
Ist-Versteuerung nur bei nach außen erkennbarer Genehmigung durch die Finanzbehörde
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass ein Antrag auf die Gestattung der Ist-Versteuerung nach § 20 UStG durch schlüssiges Handeln erfolgen kann.
2. Die Genehmigung der Finanzbehörde setzt jedoch voraus, dass das FA eine nach außen hin eindeutig erkennbare Entscheidung trifft. Der bloße Umstand, dass das FA einen Antrag auf Gestattung der Ist-Versteuerung nicht abgelehnt hat, stellt noch keine hinreichend eindeutige Genehmigung dar.
Normenkette
UStG § 16 Abs. 1, § 20 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Tenor
Der Antrag wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Gründe
Die am 12.08.2007 gegründete Antragstellerin betrieb ab dem 01.09.2007 einen Gewerbebetrieb im Bereich Sanitär, Heizung und Klima. Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung im Zusammenhang mit der Gründung einer Personengesellschaft beantragte sie die Umsatzversteuerung nach vereinnahmten Entgelten.
In der Umsatzsteuervoranmeldung für Oktober 2010 meldete die Antragstellerin einen dem Regelumsatzsteuersatz unterfallenden Umsatz in Höhe von 5.820 EUR sowie Vorsteuern in Höhe von 2.723,24 EUR an. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Zeitraum 01.10.2010 bis 30.11.2010 kam der Antragsgegner zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin insbesondere Wartungs- und Prüfungsleistungen an Heizungsanlagen sowie Arbeiten an Schornsteinen für das Einzelunternehmen eines ihrer beiden Gesellschafter – eines Schornsteinfegermeisters – erbringe und diese nicht erklärt habe. Im Oktober 2010 seien zwei Rechnungen über 61.435,78 EUR netto nebst einem den Vorsteuerabzug ermöglichenden Ausweis von Umsatzsteuer in Höhe von 11.672,80 EUR begeben und von der Antragstellerin nicht in ihrer Erklärung erfasst worden. Ebenso seien Beträge nach § 13b Umsatzsteuergesetz – UStG – nicht erklärt worden. Hieraus folge eine Korrektur in Höhe von 5.644 EUR. In einem nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung – AO – geänderten, weiter unter Vorbehalt stehenden Bescheid änderte der Antragsgegner die Umsatzsteuerfestsetzung dahingehend, dass er die Beträge nach § 13b UStG und die an den Gesellschafter erbrachten aber nicht vorangemeldeten Leistungen berücksichtigte. Diese Verfahrensweise behielt der Antragsgegner auch in dem streitgegenständlichen Jahresbescheid für 2010 bei. Der Antragsgegner begründete die Erfassung der Leistungen an den Gesellschafter mit den umfangreichen Geschäftsbeziehungen der Antragstellerin mit diesem, so dass auch einem Antrag auf Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten jedenfalls nicht gefolgt werden könne. Die praktizierte Verfahrensweise, die einerseits bei der Antragstellerin zu keiner Umsatzversteuerung, gleichwohl aber beim Gesellschafter zu der Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs führe, führe zu einem vom Gesetz nicht gewollten Vorteil beim Vorsteuerabzug, ohne dass der entsprechende Ausgangsumsatz versteuert werde.
Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim Antragsgegner hatte keinen Erfolg.
Die Antragstellerin bringt vor, dass ein Unternehmer bei der Abgabe der Voranmeldung, bei der er die Besteuerungsgrundlagen nach tatsächlich versteuerten Einnahmen erkläre, konkludent einen Antrag auf Gestattung der sogenannten Ist-Besteuerung stelle, wenn der Voranmeldung zu entnehmen sei, dass die Umsätze auf der Grundlage von Ist-Einnahmen erklärt worden seien. Die Antragstellerin beruft sich insoweit auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 11.05.2011 V B 93/10. Vorliegend sei sogar ein ausdrücklicher Antrag auf Ist-Besteuerung gestellt gewesen, so dass der Antragsgegner bei den monatlichen Voranmeldungen hätte erkennen können, dass die Umsätze nach den Regeln der Ist-Versteuerung erklärt worden seien. Da der Antragsgegner über einen erheblichen Zeitraum von den Erklärungen nicht abgewichen sei, habe er konkludent die Genehmigung zur Ist-Versteuerung erteilt. Den Zeitraum 2007 bis 2009 habe der Antragsgegner so nicht aufgegriffen. Die jeweils erklärungsgemäßen Veranlagungen des Antragsgegners ließen erkennen, dass dieser die nach der Rechtsprechung konkludent mögliche Genehmigung erteilt habe.
Nicht nachvollziehbar sei auch das Argument des Antragsgegners hinsichtlich eines Auseinanderfallens von Umsatzversteuerung und schon vorausgehender Berechtigung des Leistungsempfängers zum Vorsteuerabzug. Ihre Umsatzsteuerschuld folge eben zeitversetzt, ohne dass es zu einer Steuergefährdung komme. Bei Erfüllen der materiellen Voraussetzungen für eine Ist-Versteuerung sei einem Antrag regelmäßig stattzugeben, da das Ermessen der Finanzbehörde in einem solchen Fall regelmäßig auf Null reduziert sei.
Auch wenn die Aussetzung der Vollziehung kein Vorverfahren im engeren Sinn sei, sei zu berücksichtigen, dass gemäß § 69 Abs. 4 Finanzgerichtsordnung – FGO – ein Antrag nur nach Ablehnung eines derartigen Antrages durch die Finanzbehörde zulässig sei. Hieraus rechtfertige sich auch der Antrag...