rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Aussetzung des Klageverfahrens gegen den Grundbesitzwertfeststellungsbescheid nach § 74 FGO bis zur Entscheidung des gegen den Grunderwerbsteuerbescheid als Folgebescheid geführten Klageverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat das für die Bedarfsbewertung zuständige Finanzamt auf Anforderung des für die Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamts für die wirtschaftliche Einheit einen Grundbesitzwert festgestellt, legt die Steuerpflichtige sowohl gegen die Feststellung des Grundbesitzwertes als auch gegen den Grunderwerbsteuerbescheid Einspruch sowie anschließend Klage beim Finanzgericht ein, weil sie den zugrunde liegenden Sachverhalt nicht für grunderwerbsteuerbar bzw. nicht grunderwerbsteuerpflichtig hält, so ist das Klageverfahren wegen des Grundbesitzwertfeststellungsbescheids nicht bis zur Entscheidung des Klageverfahrens gegen den Grunderwerbsteuerbescheid nach § 74 FGO auszusetzen.
2. Der Grundbesitzwertfeststellungsbescheid ist der Grundlagenbescheid, der Grunderwerbsteuerbescheid ist der Folgebescheid. Es ist grundsätzlich möglich (und häufig geboten), das Verfahren über den Folgebescheid auszusetzen, bis der Grundlagenbescheid rechtskräftig ist. Umgekehrt gilt dies jedoch grundsätzlich nicht, denn dies würde die strukturelle Rolle von Grundlagenbescheid und Folgebescheid ins Gegenteil verkehren.
3. Gemäß § 151 Abs. 1 Satz 2 BewG in Verbindung mit § 151 Abs. 5 Satz 2 BewG trifft die Entscheidung über die Bedeutung für die Besteuerung das für die Grunderwerbsteuer zuständige Finanzamt. Dessen Bedarfswertanforderung ist für das Lagefinanzamt und ggf. anschließend im Rechtsstreit über den Bedarfswert für das Finanzgericht verbindlich und kann nicht hinterfragt werden (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
BewG § 151 Abs. 5 Sätze 1-2, Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2; FGO § 74; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tenor
Das hiesige Verfahren wird nicht ausgesetzt bis zur Entscheidung des Verfahrens 12 K 12157/19.
Tatbestand
Eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 Finanzgerichtsordnung – FGO – ist nicht möglich, weil das Verfahren 12 K 12157/19 nicht vorgreiflich ist.
I.
Mit Schreiben vom 19.09.2016 (Bedarfsbewertungsakte Bd. 1) forderte das Finanzamt B… vom beklagten Finanzamt – Lagefinanzamt, kurz: FA – die Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 25.03.2008 (Zeitpunkt der Entstehung der Grunderwerbsteuer) wegen Änderung des Gesellschafterbestandes von mind. 95 % der Anteile der grundbesitzenden KG gemäß § 1 Abs. 2a i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG.
Die Bewertung des Fondsobjekts, bestehend aus mehreren nebeneinanderliegenden Mietshäusern, ist komplex und zwischen den Beteiligten des hiesigen Rechtsstreits (Klageeingang 03.07.2019) streitig, insbesondere im Hinblick auf die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit sowie zahlreichen einzelnen Monita des FA gegen das vorgelegte Verkehrswertgutachten. Das FA hat Grundstückswerte von zuletzt insgesamt
28.108.500 EUR festgesetzt, die Klägerin begehrt die Herabsetzung auf 18.600.000 EUR.
Die Klägerin führt ebenfalls Klage (12 K 12157/19) gegen den Grunderwerbsteuerbescheid und wendet sich dort gegen die Steuerbarkeit und die Steuerpflicht. Für Grunderwerbsteuersachen ist der 12. Senat des Gerichts zuständig.
Die Klägerin begehrt die Aussetzung des hiesigen Verfahrens (FG-A Bl. 7, Bl. 167) aus prozessökonomischen Gründen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Aussetzungsantrag der Klägerin ist zwar verständlich, ihm kann jedoch aus rechtlichen Gründen nicht entsprochen werden.
1.
Der Grundbesitzwertfeststellungsbescheid ist der Grundlagenbescheid, der Grunderwerbsteuerbescheid ist der Folgebescheid. Es ist grundsätzlich möglich (und häufig geboten), das Verfahren über den Folgebescheid auszusetzen, bis der Grundlagenbescheid rechtskräftig ist (vgl. BFH, Urteil vom 25.09.2013 II R 2/12, DStR 2014, Juris Rn. 28).
Umgekehrt gilt dies jedoch grundsätzlich nicht. Denn dies würde die strukturelle Rolle von Grundlagenbescheid und Folgebescheid ins Gegenteil verkehren.
2.
Gemäß § 151 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 BewG trifft die Entscheidung über die Bedeutung für die Besteuerung das für die Grunderwerbsteuer zuständige Finanzamt. Der BFH vertritt die Auffassung, die Bedarfswertanforderung sei für das Lagefinanzamt und ggf. anschließend im Rechtsstreit über den Bedarfswert für das Finanzgericht verbindlich und könne nicht hinterfragt werden (BFH, Urteil vom 24.05.2005 II R 57/03, DStRE 2005, 1216, Juris Rn. 12-13; BFH, Beschluss vom 26.01.2006 II B 61/05, BFH/NV 2006, 921, Juris Rn. 6-8; BFH, Urteil vom 29.11.2006 II R 42/05, DStRE 2007, 361, Juris Rn. 9-11; BFH, Urteil vom 25.04.2018 II R 47/15, DStR 2018, 2147, Juris Rn. 15).
Würde wegen des Rechtsstreits 12 K 12157/19 um die Grunderwerbsteuerbarkeit und Grunderwerbsteuerpflicht das hiesige Verfahren ausgesetzt werden, liefe dies aber im Ergebnis auf eine inhaltliche Überprüfung der Bedarfswertanforderung hinaus. Denn die Aussetzung würde implizieren, dass die Bedarfswertanforderung des Grunderwerbsteuerfi...