rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit einer von der Europäischen Polizeimission vereinnahmten Vergütung, die ein beurlaubter Beamter für seine Tätigkeit in Bosnien und Herzegowina erhält
Leitsatz (redaktionell)
1. Liegt der Mittelpunkt des Lebensinteresses eines für befristete Zeit in Bosnien und Herzegowina tätigen beurlaubten Beamten, der sowohl die beibehaltene inländische Wohnung wie auch die Wohnung in Bosnien und Herzegowina gemeinsam mit seiner nicht berufstätigen Ehefrau nutzt, gleichwohl in Deutschland, so dass von einer inländischen Ansässigkeit i. S. d. Art. 4 Abs. 2 Buchst. a S. 2 DBA-Jugoslawien auszugehen ist, steht Deutschland für die von der Europäischen Polizeimission mit Hauptquartier in Sarajevo für die fünfmonatige Tätigkeit des Beamten bei der Mission in Bosnien und Herzegowina vereinnahmten Vergütungen gem. Art. 16 Abs. 1 Satz 2 DBA-Jugoslawien kein Besteuerungsrecht zu.
2. I. R. d. Art. 16 Abs. 2 Buchst. c DBA-Jugoslawien ist zu prüfen, welcher festen Einrichtung unter Kostenzurechnungsgesichtspunkten die Vergütung zuzuordnen ist.
Normenkette
DBA-Jugoslawien Art. 16 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Buchst. c, Abs. 3, Art. 4 Abs. 2 Buchst. a S. 2, Art. 24 Abs. 1 Buchst. a; EStG § 32b Abs. 1 Nr. 3, § 50d Abs. 8 S. 1
Tenor
Abweichend vom Einkommensteuerbescheid 2004 vom 04.09.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.11.2006 wird die Einkommensteuer nach einem zu versteuernden Einkommen von 20.189,00 Euro und einem Progressionsvorbehalt, ausgehend von Einkünften in Höhe von 13.650,00 Euro, festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der den Klägern zu erstattenden außergerichtlichen Kosten abwenden, sofern die Kläger nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet haben.
Tatbestand
Der Kläger erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Jurist. Die Klägerin, mit der der Kläger zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird, war im Streitjahr nicht berufstätig.
Der Kläger war im Streitjahr sowie in den Vorjahren Beamter des Landes M. Von Ende 2002 bis zum 31.05.2004 war er unter Wegfall der Dienstbezüge beurlaubt. In diesem Zeitraum war er als Rechtsberater bei der Europäischen Polizeimission – EUPM – in Bosnien und Herzegowina tätig. Nachdem er im Jahre 2003 Zuwendungen des Auswärtigen Amts erhalten hatte, schloss er am 30.12.2003/05.01.2004 mit der EUPM einen Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Rechtsberater in O/Bosnien und Herzegowina. Danach erhielt er ein monatliches Gehalt von 6.000,00 Euro, für dessen Versteuerung er – soweit relevant – allein verantwortlich war.
Während der Tätigkeit in Bosnien und Herzegowina unterhielten die Kläger in O eine Wohnung, in der sie sich seit Juni 2003 auch beide aufhielten. Daneben bestand noch eine weitere Wohnung in N in Deutschland, die vollständig eingerichtet war und jederzeit von den Klägern genutzt werden konnte. Diese Wohnung nutzen die Kläger auch seit ihrer Rückkehr aus Bosnien und Herzegowina.
Seit dem 01.06.2004 erzielt der Kläger wieder Einkünfte aus seinem Beamtenverhältnis.
Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 2004 machte der Kläger geltend, die Einkünfte aus seiner Tätigkeit in O seien steuerfrei. Ggfs. seien diesen Werbungskosten für Verpflegungsmehraufwand und anderes gegenüberzustellen.
Der Beklagte folgte der Auffassung der Kläger hinsichtlich der Steuerfreiheit nicht, minderte jedoch die anzusetzenden Einnahmen um Unterbringungskosten und Verpflegungsmehraufwand, so dass er lediglich Einnahmen in Höhe von 13.650,00 Euro bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zusätzlich zu den Beamtenbezügen ansetzte. Davon ausgehend setzte er mit Bescheid vom 04.09.2006 die Einkommensteuer 2004 auf 4.332,00 Euro fest.
Dagegen legten die Kläger am 09.10.2006 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 24.11.2006 als unbegründet zurückwies.
Darauf haben die Kläger am 27.12.2006 Klage erhoben.
Zu deren Begründung machen die Kläger geltend, die streitbefangenen Einkünfte aus der Tätigkeit für die EUPM seien steuerfrei zu belassen und lediglich einem Progressionsvorbehalt nach § 32 b Einkommensteuergesetz 2004 – EStG 2004 – zu unterwerfen.
Von den beiden Wohnsitzen, die sie in den ersten 5 Monaten des Jahres 2004 unterhalten hätten, habe der Wohnsitz in O wegen der Anwesenheit der Ehefrau den Mittelpunkt der Lebensinteressen gebildet. Daher könne nach Art. 16 Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland-Jugoslawien – DBA Jugoslawien – die Vergütung der EUPM an den Kläger nur in Bosnien und Herzegowina besteuert werden. Abweichendes ergebe sich nicht aus Art. 16 Abs. 3 Satz 2 DBA Jugoslawien, da die Tätigkeit nicht in Deutschland, sondern in Bosnien und Herzegowina ausgeübt worden sei. Bosnien und Herzegowina habe jedoch auf sein Besteuerungsrecht verzichtet, da es ...