Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1990
Tenor
1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
2. Dem Europäischen Gerichtshof werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
- Erbringt ein steuerpflichtiger Landwirt, der im Jahr 1990 im Bundesland Brandenburg der Bundesrepublik Deutschland seine Kartoffelproduktion dergestalt extensiviert hat, daß er mindestens 20 vom Hundert der angebauten Kartoffeln nicht geerntet hat, eine Dienstleistung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – 77/388/EWG – (Sechste Richtlinie) an einen bestimmten Leistungsempfänger?
- Ist die für die Extensivierung der Kartoffelproduktion aufgrund der Anordnung über die Förderung der Extensivierung der landwirtschaftlichen Erzeugung vom 13.07.1990 gezahlte Zuwendung eine Geldleistung, die nach Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie zu versteuern ist?
Im Falle der Bejahung der Frage a):
Ist auf die ausgeführte Dienstleistung der ermäßigte Steuersatz des Art. 12 Abs. 3 Buchstabe a Satz 4 in Verbindung mit Anlage H der Sechsten Richtlinie anzuwenden?
Tatbestand
I. Sachverhalt
Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft -LPG- (P) A…, die bis zum 31.12.1990 selbständig war.
Im Jahre 1990 bewilligte die Kreisverwaltung C…, Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für die LPG (P) A… eine Zuwendung für die Kartoffelextensivierung in Höhe von insgesamt 348.660,00 DM, die im vierten Quartal 1990 ausgezahlt wurde. Die Zuwendung beruhte auf der Anordnung über die Förderung der Extensivierung der landwirtschaftlichen Erzeugung vom 13.07.1990. Danach wurde unter anderem die Verringerung der durchschnittlichen Jahreskartoffelerzeugung um mindestens 20 vom Hundert für die Dauer von mindestens zwölf Monaten gefördert. Dies geschah im Rahmen der sogenannten „quantitativen Methode” so, daß bei der in den Monaten September und Oktober 1990 stattfindenden Kartoffelernte mindestens 20 vom Hundert nicht abgeerntet wurden.
In der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1990 wurden die gewährten Zuschüsse als nicht umsatzsteuerbar behandelt. Es ergab sich eine Umsatzsteuererstattung in Höhe von 39.420,00 DM. Bei einer für das Streitjahr 1990 durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung vertrat der Beklagte unter anderem die Auffassung, daß die erhaltenen Zuwendungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien. Ausgehend von dem Bruttoumsatz in Höhe von 348.660,00 DM errechnete der Beklagte eine weitere Umsatzsteuerschuld in Höhe von 42.815,45 DM. Dementsprechend setzte der Beklagte die Umsatzsteuer 1990 in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden geänderten Umsatzsteuerbescheid vom 01.06.1992 auf 389,92 DM fest.
Mit einem am 23.07.1992 beim Beklagten eingegangenen Schreiben bat die Klägerin darum, die sich aufgrund der geänderten Umsatzsteuerfestsetzung ergebende Rückforderung in Höhe von 39.815,28 DM solange auszusetzen, bis über den Einspruch gegen den ebenfalls geänderten Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für Oktober 1991 entschieden sei, in dem es um dieselbe Problematik gehe. Aus diesem Grunde sei gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid 1990 auch kein Einspruch erhoben worden. Da die Rechtsbehelfsfrist bereits abgelaufen war, wertete der Beklagte das Schreiben vom 23.07.1992 als Antrag auf Änderung des unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheides.
Am 18.07.1994 lehnte der Beklagte den Antrag auf Änderung des Umsatzsteuerbescheides 1990 ab, weil für die Zuwendungen zur Förderung der Extensivierung der landwirtschaftlichen Erzeugung eine Umsatzsteuerpflicht bestehe. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Sie bezog sich auf ein Urteil des Finanzgerichts des Landes Brandenburgs vom 21.04.1993 zum Aktenzeichen 2 K 143/92 U. In diesem Urteil habe das Gericht entschieden, daß Zuwendungen für die Stillegung von Ackerflächen nicht umsatzsteuerbar seien. Entsprechendes gelte auch für die hier streitigen Zuschüsse für die Extensivierung des Kartoffelanbaus. Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, daß eine Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes vorliege. Sie bestehe in der tatsächlichen mengenmäßigen Verringerung der durchschnittlichen Jahreserzeugung von Kartoffeln durch weniger intensive Produktionsweise als sonstige Leistung, also in einem Unterlassen.
Von dieser Leistung sei die Zahlung abhängig, die insoweit einen unechten Zuschuß mit Entgeltcharakter darstelle. Die Zahlung unterscheide sich von echten Zuschüssen dadurch, daß nicht aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder anderen öffentlichen Interessen eine erwünschte Tätigkeit gefördert werde, sondern von ihr im Gegenteil auf freiwilliger Basis eine Einschränkung der unternehmerischen Tätigkeit erwartet werde.
Im Klageverfahren macht die Klägerin geltend, daß auch die Zuwendungen zur Extensivierung des Kartoffelanbaus aus strukturpolitischen und volkswirtschaftlichen Grü...