Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen Betriebsstätte und häuslichem Arbeitszimmer
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Einbindung beruflich genutzter Räume in die Sphäre der Privatwohnung steht der Qualifizierung der Räume als „Betriebsstätte” auch dann entgegen, wenn für einen nebenberuflich tätigen Rechtsanwalt eine Kanzleipflicht nach der Bundesrechtsanwaltsordnung besteht (hier: Annahme der Einbindung wegen Erreichbarkeit von Schlafzimmer und Bad nur nach Durchquerung der Kanzleiräume).
2. Der Mietvertrag über die freiberufliche Nutzung von Räumen eines im Miteigentum von Ehegatten stehenden Einfamilienhauses durch einen der Ehegatten ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn die Räume wegen der engen Verzahnung mit dem Privatbereich nicht an einen fremden Dritten vermietet worden wären.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 12 Nr. 1 S. 2; BRAO § 27; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Tenor
Der Antrag wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Antragstellern auferlegt.
Die Entscheidung ergeht endgültig.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller sind Eheleute, die beim Antragsgegner in den Streitjahren zusammen veranlagt werden. Beide erzielen aus Vollzeittätigkeiten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Antragstellerin ist seit dem 12. März 2001 als Verwaltungsleiterin bei der C AG beschäftigt, die ihr gestattete, neben dem Anstellungsverhältnis freiberuflich als Rechtsanwältin tätig zu sein. Anfang 2002 ist die Antragstellerin als Rechtsanwältin zugelassen worden. Die Antragsteller sind zu je ein Halb Miteigentümer des Einfamilienhauses D-Str. XX in E (Gesamtwohnfläche: XXX qm; Bauantrag: 23. August 1999; Fertigstellung: August 2001). Die Beteiligten streiten über die steuerliche Behandlung von Räumen im Untergeschoss des Anwesens im Hinblick auf deren freiberufliche Nutzung durch die Antragstellerin.
Die freiberufliche Nutzung erfolgte auf der Grundlage des Mietvertrages, den die Antragstellerin mit der Eigentümergemeinschaft als Vermieter am 27. Juli 2001 abgeschlossen hatte (USt XXX/XXX/XXXXX Bl. 2-12; Mietsache: „Kanzleiraum” von ca. 40,84 qm und ein Stellplatz; mtl. Mietzins netto 488,96 DM bzw. 250 EUR und 48,90 DM bzw. 25 EUR für den Stellplatz). Für die Mietumsätze haben die Antragsteller gemäß § 9 UStG auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 UStG verzichtet. Die Honorareinnahmen der Antragstellerin haben 10.775,57 EUR (2002) und 20.312,84 EUR (2003) betragen.
Einkommensteuerlich hat die Antragstellerin die gemieteten Untergeschossräume (nebst Stellplatz) ihrem notwendigen Betriebsvermögen zugeordnet. Umsatzsteuerlich haben die Antragsteller das gesamte Grundstück dem Unternehmensvermögen der „Vermietungsgemeinschaft” zugeordnet und u.a. die auf das Gebäude entfallenden Vorsteuerbeträge in vollem Umfang abgezogen. In den Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheiden ist der Antragsgegner dieser Verfahrensweise zunächst grundsätzlich gefolgt.
Im April 2005 begann bei den Antragstellern eine Außenprüfung, die sich auch auf die Umsatzsteuer der „Vermietungsgemeinschaft” und des Unternehmens der Antragstellerin erstreckt hat. Im Rahmen der Außenprüfung haben die Antragsteller geänderte Steuererklärungen vorgelegt, in denen sie neben dem „Kanzleiraum” weitere im Untergeschoss des Anwesens belegene Räume „Besprechungsraum”: 16,5 qm, Garderobe/Archiv: 7,06 qm, Flur: 3,59 qm und anteilig den Technikraum) dem freiberuflich genutzten Gebäudeteil (insgesamt 74,74 qm zzgl. Stellplatz) zuordneten. Der Prüfungsbericht zu AB-Nr. 50/05-1g vom 2. Januar 2006 (BpA XXX/XXX/XXXXX Bl. 83 ff.), auf den wegen Einzelheiten Bezug genommen wird, enthielt zu dem während der Prüfung angetroffenen Sachverhalt folgende Angaben (BpA XXX/XXX/XXXXX Bl. 84R):
„Am 18.4.2005 (Beginn der Außenprüfung mit einer Ortsbesichtigung) befanden sich im UG (Flurbereich) ein kleiner Glastisch mit einem Stuhl und einem Sideboard ohne Unterbau, der im Anlageverzeichnis als Schreibtisch ausgewiesen ist. Ein weiterer Raum, der im Bauplan als Gästezimmer ausgewiesen ist (ca. 16,50 m²), war als Besprechungszimmer eingerichtet. Die Einrichtung war ein großer Glasschreibtisch, zwei Stühle und Lampe. Diese besagten Räumlichkeiten sind umgrenzt durch die privatgenutzten Räume, wie Schlafzimmer, Bad mit Toilette, Ankleideraum, Abstellraum, Technikraum. Eine sonst übliche Terrassentür (siehe Bauplan) führt zum unteren Gartenbereich. Ein Hinweis auf den Zugang zu einer Kanzlei oder eine eigene Klingel gab es nicht. Auch sonstige öffentliche Hinweise auf eine KANZLEI (öffentliches Telefonbuch, Branchenbücher etc.) gibt es ebenfalls keine.”
Der Prüfer hat die Räume nicht als notwendiges Betriebsvermögen anerkannt und die mit der Gebäudenutzung zusammenhängenden Aufwendungen nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen. Ebenso erkannte er den Mietvertrag steuerlich nicht an und hat für die „Vermietungsgemeinschaft” keine Umsatzsteuer festgesetzt. Der Antragsgegner hat sich der Auffassung des Prüfers angeschlo...