Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung einer Bescheinigung nach § 44 a Abs. 5 EStG
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 18.09.1996; Aktenzeichen I R 56/95) |
Tenor
Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger sind Konkursverwalter über das Vermögen der … – künftig: AG. Die AG wurde mit Satzung vom 10. Mai 1989 errichtet. Gegenstand des Unternehmens ist die Erzeugung und Verarbeitung von Eisen und Stahl sowie von anderen Werkstoffen, daneben auch der Handel mit und der Vertrieb von Industrieerzeugnissen auf diesem Gebiet.
Am 31. Juli 1993 wurde durch Beschluß des Amtsgerichts … das Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet.
Am 26. Juli 1993 ging beim Beklagten ein Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung im Sinne von § 44 a Abs. 5 Einkommensteuergesetz – EStG – für die AG ein (Akte „Antrag auf NV-Bescheinigung” Bl. 1 und 2).
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14. Oktober 1993 ab (Akte „Antrag auf NV-Bescheinigung” Bl. 3). Er machte geltend, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Bescheinigung nach § 44 a Abs. 5 EStG lägen nicht vor. Bei der AG seien die Kapitalertragsteuer und die anrechenbare Körperschaftsteuer nicht „aufgrund der Art. (ihrer) Geschäfte auf Dauer höher … als die gesamte festzusetzende Körperschaftsteuer”.
Am 25. Oktober 1994 legten die Kläger Einspruch gegen diesen Bescheid ein (Rb. Bl. 1–3). Den Einspruch wies der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 12. August 1994 als unbegründet zurück (Rb. Bl. 10–15). Die Einspruchsentscheidung wurde den Klägern am 22. August 1994 (Rb. Bl. 22, 23) zugestellt. Am 20. September 1994 (Bl. 1) erhoben die Kläger Klage, die beim erkennenden Senat unter dem Gz. 1 K 216/94 anhängig war. Auf einen Hinweis des Gerichts hin, wonach gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 44 a Abs. 5 EStG die Beschwerde der zutreffende Rechtsbehelf sei, hob der Beklagte am 21. Dezember 1994 die Einspruchsentscheidung auf und deutete den Rechtsbehelf vom 25. Oktober 1994 in eine Beschwerde um.
Diese Beschwerde wies die Oberfinanzdirektion mit Entscheidung vom 23. Januar 1995 als unbegründet zurück.
Am 25. Februar 1995 erhoben die Kläger Klage.
Sie beantragen (sinngemäß, Bl. 2),
unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Oktober 1994 in der Form der Beschwerdeentscheidung vom 23. Januar 1995 den Beklagten zu verurteilen, ihnen eine Bescheinigung nach § 44 a Abs. 5 EStG auszustellen.
Sie sind der Auffassung, daß aufgrund der Verlustsituation der im Konkurs befindlichen AG eine Anwendung des § 44 a Abs. 5 EStG geboten und die Ablehnung des Antrages auf Erteilung einer Feststellungsbescheinigung rechtswidrig sei. Sie dürften als Konkursverwalter keinen Gewinn erzielen. Von daher sei ihre Tätigkeit eine solche im Sinne von § 44 a Abs. 5 EStG. Zur Begründung des Antrages weisen sie auf die schlechte Ertragssituation hin; aufgrund der Verluste führe der Einbehalt der Zinsabschlagssteuer zu einer dauerhaften Überbesteuerung der AG. Dieser entstehe infolge des Einbehalts jährlich ein rechnerischer Zinsverlust in Höhe von rd. 220.000 DM. Wirtschaftlich betrachtet stelle die erhobene Zinsabschlagsteuer ein „zinsloses Zwangsdarlehn an die Finanzverwaltung” dar, da sich aus der Körperschaftsteuerveranlagung keine Steuerschuld ergeben werde. Folglich sei eine zumindest analoge Anwendung des § 44 a Abs. 5 EStG im Hinblick auf die Verlustsituation der Gesellschaft geboten.
Der Beklagte beantragt (Bl. 23),
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Er ist der Auffassung, daß nach § 44 a Abs. 5 EStG eine Abstandnahme vom Abzug der Kapitalertragsteuer aufgrund der eindeutigen Formulierung der Vorschrift nur dann möglich sei, wenn beim Zinsgläubiger aufgrund der Struktur seiner Geschäfte stets ein Überschuß der anrechenbaren Körperschaft- und Kapitalertragsteuer gegenüber der festzusetzenden Körperschaftsteuer verbleibe. Diese Voraussetzung erfülle ein Unternehmen der stahlverarbeitenden Branche nicht. Eine Ausweitung der einschlägigen Vorschrift auf Steuerpflichtige, die sich in einer Verlustsituation befinden, sei nicht gerechtfertigt.
Im übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Akte zu Gz. 1 K 216/94 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Ablehnung der Erteilung einer Bescheinigung im Sinne von § 44 a Abs. 5 EStG ist rechtmäßig und vermag daher die Kläger nicht in ihren Rechten zu verletzen (vgl. § 101 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
1. Nach dem durch das Gesetz zur Neuregelung der Zinsbesteuerung (Zinsabschlagsgesetz) vom 9. November 1992 (BGBl. I S. 1853) eingeführten § 44 a Abs. 5 S. 1 EStG ist der Zinsabschlag bei betrieblichen Kapitalerträgen i. S. von § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 und 8 sowie S. 2 EStG nicht einzubehalten, wenn die Kapitalertragsteuer und die anrechenbare Körperschaftsteuer bei dem Gläubiger der Kapitalerträ...