Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch für das volljährige Kind in der Phase zwischen Nichtbestehen der ersten Prüfung der Berufsausbildung und Absolvierung der Wiederholungsprüfung
Leitsatz (redaktionell)
Endet das Ausbildungsverhältnis des volljährigen Kindes, weil es die Abschlussprüfung nicht bestanden hat, so kann anschließend auch ohne Bestehen eines Ausbildungsverhältnisses weiter ein Kindergeldanspruch bestehen, wenn sich das volljährige Kind nunmehr bei der Berufsschule als Gastschüler angemeldet, sich im Eigenstudium auf die Wiederholungsprüfung vorbereitet und diese auch bestanden hat (gegen DA-Fam EStG 63.3.2.6. Abs. 4, 5).
Normenkette
EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; BBiG § 21 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Dezember 2007 in Form der Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2008 verpflichtet, dem Kläger für dessen Sohn S Kindergeld für den Zeitraum Juli 2007 bis Januar 2008 zu gewähren.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist der Vater des am 30. September 1985 geborenen Sohnes S. Er streitet mit der Beklagten um die Berechtigung zum Erhalt von Kindergeld für den Zeitraum Juli 2007 bis Januar 2008.
S absolvierte ab 1. August 2004 eine Ausbildung als Groß- und Außenhandelskaufmann (KiG, Bl. 68). Nachdem S im Mai 2007 die Abschlussprüfung nicht bestanden und das Ausbildungsverhältnis zum 20. Juni 2007 geendet hatte (KiG, Bl. 81), erließ die Beklagte am 11. Dezember 2007 einen Bescheid, in dem sie die Festsetzung des Kindergeldes ab Juli 2007 aufhob (KiG, Bl. 84).
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein (KiG, Bl. 88), den die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2008 (Bl. 9) als unbegründet zurückwies.
Am 25. Februar 2008 erhob der Kläger Klage (Bl. 1).
Er beantragt sinngemäß (Bl. 1),
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Dezember 2007 in Form der Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2008 zu verpflichten, für S Kindergeld für den Zeitraum Juli 2007 bis Januar 2008 zu gewähren.
Der Klägerin macht geltend, S habe im Januar 2008 die (Wiederholungs-) Prüfung absolviert und auch bestanden. Ab Juli 2007 habe er sich – ohne Fortführung des Ausbildungsverhältnisses – bei der Berufsschule als Gastschüler angemeldet und im Eigenstudium entsprechend auf die Prüfung vorbereitet. Auch ohne entsprechenden Schulbesuch müsse in der Phase zwischen Nichtbestehen der ersten Prüfung und Absolvierung der Wiederholungsprüfung Kindergeld gezahlt werden.
Die Beklagte beantragt (Bl. 38),
die Klage abzuweisen.
Sie verweist darauf, dass nicht nachgewiesen sei, dass S regelmäßig die Berufsschule besucht habe. Dies jedoch sei nach internen Anweisungen der Beklagten grundsätzlich erforderlich, um weiterhin Kindergeld zu erhalten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogene Kindergeldakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Der Kläger hat für den Streitzeitraum von Juli 2007 bis einschließlich Januar 2008 einen Anspruch auf Kindergeld für seinen in dieser Zeit noch in Ausbildung befindlichen Sohn S.
1. Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG besteht Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das sich in Berufsausbildung befindet.
In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Die Ausbildungsmaßnahme muss nicht in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben sein. Die steuerliche Leistungsfähigkeit der Eltern ist auch dann gemindert, wenn sich Kinder unabhängig von vorgeschriebenen Studiengängen in Ausbildung befinden und von ihren Eltern unterhalten werden (vgl. dazu BFH vom 9. Juni 1999 VI R 33/98, BStBl II 1999, 701; VI R 34/98, BStBl II 1999, 705; VI R 50/98, BStBl II 1999, 706; VI R 92/98, BStBl II 1999, 708; VI R 143/98, BStBl II 1999, 710, und VI R 16/99, BStBl II 1999, 713).
Die Berufsausbildung endet regelmäßig mit dem Erreichen des Ausbildungsziels, d.h. mit Bekanntgabe des Ergebnisses der für den Abschluss der jeweiligen Berufsausbildung vorgesehenen Prüfung (vgl. DA-Fam EStG 63.3.2.6. Abs. 4), es sei denn, das Kinder hätte bereits vorher eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufgenommen (BFH vom 24. Mai 2000 VI R 143/99, BStBl II 2000, 473).
Wird eine solche Abschlussprüfung nicht bestanden, so kann sich die Berufsausbildung um die Zeit bis zu der nach der betreffenden Ausbildungsordnung vorgesehenen Wiederholungsprüfung, das heißt bis zum endgültigen Bestehen oder N...