Entscheidungsstichwort (Thema)
Schätzung der Betriebsausgaben eines Gebührenbeauftragten einer Rundfunkanstalt; ohne Einspruch oder Antrag nach § 68 FGO nach Änderungsbescheid während des Klageverfahrens Klage unzulässig
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Schätzung der Betriebsausgaben eines selbständigen Gebührenbeauftragten einer öffentlichen Rundfunkanstalt, der nachweislich im Rahmen einer mit dem eigenen Kfz durchgeführten Fahrtätigkeit in einem ihm zugewiesenen "Einsatzgebiet" säumige Gebührenzahler aufspürt, seine Tätigkeit gegenüber dem FA verschwiegen und keine Aufzeichnungen über seine Aufwendungen geführt hatte: Ansatz eines Kfz-Privatanteils von 20 % bei einer vom Gericht ermittelten Jahresfahrleistung von 45000 km und 6 Arbeitstagen pro Woche; Ansatz des Verpflegungsmehraufwands nach den für die Einsatzwechseltätigkeit eines Arbeitnehmers geltenden Regeln (vor 1990: 5 DM, ab 1990 8 DM täglich); Billigung der pauschalen Schätzungen des Klägers hinsichtlich Porto und Telefon (240 DM im Jahr), Bürobedarf (600 DM) und des häuslichen Arbeitszimmers (840 DM).
2. Haben Eheleute gegen einen Bescheid Einspruch eingelegt und erging die Einspruchsentscheidung nur gegen einen von beiden, so kann die Klage, soweit sie sie von dem nicht verbeschiedenen Ehegatten eingelegt wird, zunächst als Unzulässigkeitsklage zulässig sein; legt dieser Ehegatte aber gegen einen Änderungsbescheid während des Klageverfahrens keinen Einspruch ein und stellt er auch nicht den Antrag nach § 68 FGO, so führt das zur Unzulässigkeit seiner Klage.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4; AO 1977 § 162; FGO § 96 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6; FGO § 40 Abs. 2, § 46 Abs. 1, § 68; EStR 1987 Abschn. 119 Abs. 2; EStR 1990 Abschn. 119 Abs. 2; LStR 1981 Abschn. 22 Abs. 2 Nr. 2; LStR 1984 Abschn. 22 Abs. 2 Nr. 2; LStR 1987 Abschn. 22 Abs. 4 Nr. 2; LStR 1990 Abschn. 39 Abs. 7
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt werden. Aufgrund einer Kontrollmitteilung betreffend kommunaler Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder des Klägers wurde dem Beklagten bekannt, dass der Kläger noch über weitere Einkünfte verfügte. Deshalb forderte der Beklagte den Kläger auf, für 1989 eine ESt-Erklärung abzugeben, die am 24. Mai 1993 beim Finanzamt (FA) einging. Daraus und im Zuge weiterer Ermittlungen des FA ergab sich, dass der Kläger seit 1983 als selbständiger Gebührenbeauftragter des Saarländischen Rundfunks (SR) erhebliche Einkünfte erzielt hatte, die jedoch bislang nicht erklärt worden waren.
Durch ESt-Bescheid vom 3. Januar 1994 setzte der Beklagte gegen die Kläger die ESt für 1989 fest. Am gleichen Tage ergingen – aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen – weitere ESt-Bescheide für 1983 bis 1988 und 1990 und 1991 sowie am 17. Januar 1994 für 1992. Gleichfalls aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen erließ der Beklagte gegen den Kläger am 23. November 1993 einen Umsatzsteuer(USt)-Bescheid für 1989 sowie ebenfalls am 3. Januar 1994 USt-Bescheide für 1983 bis 1988 und für 1990 bis 1992. Dabei legte der Beklagte die beim SR erfragten Vergütungen des Klägers für 1983 bis 1992 zugrunde.
Gegen die vorgenannten ESt- und USt-Bescheide legten die Kläger fristgerecht Einsprüche ein, welche der Beklagte durch als einfacher Brief zur Post gegebene Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 1995 gegenüber dem Kläger beschied. Dabei setzte er unter Zurückweisung der Einsprüche im Übrigen die ESt der Kläger für 1985 bis 1988 und 1990 bis 1992 herab.
Am 24. November 1995 haben die Kläger u.a. wegen ESt und USt 1983 bis 1992 beim Beklagten Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 1995 angebracht (Klageeingang bei Gericht am 13. Dezember 1995). Alsdann berichtigte der Beklagte durch Bescheide vom 30. November 1995 die ESt-Festsetzungen für 1991 und 1992 nach § 129 Abgabenordnung – AO – (Bl. 37, 74 ff., 79 ff. Rb Bd. 1). Die Kläger haben die Berichtigungsbescheide am 2. Januar 1996 zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht (Bl. 19 FG).
Am 18. Februar 1997 erließ der Beklagte geänderte ESt-Bescheide für 1983 bis 1988 sowie für 1990 bis 1992, die statt an die Bevollmächtigte der Kläger an die Kläger selbst gerichtet waren. Alsdann ergingen am 24. März 1997 für die vorgenannten Veranlagungszeiträume geänderte ESt-Bescheide mit nämlichem Inhalt, die nunmehr an die Bevollmächtigte der Kläger adressiert waren und eine Rechtsbehelfsbelehrung zu § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) enthielten. Mit gleicher Rechtsbehelfsbelehrung erging am 24. März 1997 außerdem ein erstmaliger – handschriftlicher ESt-Änderungsbescheid für 1989 sowie ein ebenfalls erstmaliger geänderter USt-Bescheid für 1990. Die Kläger machten keinen der vorgenannten Änderungsbescheide gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Statt dessen legten die Kläger gegen die Änderungsbescheide vom 18. Februar 1997 und der Kläger gegen diejenigen vom 24. März 1997 am 14. März (Bl. 37 in 2 K 189/97) bzw. am 27. April 1997 (Bl. 127, Bl. 10 in 2 K 189...