Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld. „Freiwlliges Jahr im Unternehmen”
Leitsatz (amtlich)
Die Teilnahme eines Kindes an dem Modellversuch „Freiwilliges Jahr im Unternehmen” begründet keinen Anspruch auf Kindergeld entsprechend § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d
Tatbestand
Mit Bescheid vom 22. September 1998 hatte die Familienkasse des Arbeitsamtes (Beklagte) dem Kläger mitgeteilt, dass die Festsetzung von Kindergeld für seine Tochter M. (* 13. September 1979) ab Oktober 1998 aufgehoben werde, da die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Einkommensteuergesetz – EStG – für die Zahlung von Kindergeld nicht bzw. nicht mehr vorlägen.
Am 16. Oktober 1998 hat der Kläger hiergegen bei der Beklagten Einspruch zu Protokoll erklärt, den er damit begründete, dass Myriam keinen Ausbildungsplatz gefunden habe und zur Überbrückung bis zum nächsten Ausbildungsbeginn ein freiwilliges Jahr im Unternehmen (FJU) absolviere, wofür sie ein monatliches Taschengeld von 200 DM erhalte.
Mit Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 1999 hat die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 12. März 1999 bei Gericht eingegangene Klage.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Aufhebungsbescheids vom 22. September 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 1999 Kindergeld für seine Tochter M. ab Oktober 1998 festzusetzen.
Zur Begründung trägt er vor, M. habe nach ihrem Hauptschulabschluss zunächst eine Sozialpflegeschule besucht und im Sommer 1998 beendet. Im Anschluss daran habe sie sich für die Ableistung eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) bzw. eines Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ) interessiert. Bei dieser Gelegenheit habe sie auch von dem FJU erfahren. Da die Stellen für das FSJ und FÖJ besetzt gewesen seien, habe sie sich für das FJU entschieden und am 21. September 1998 einen entsprechenden Vertrag mit dem „Z-Markt” in S geschlossen. Wegen der Einzelheiten werde auf die zu den Akten gereichte Informationsschrift des Bundesjugendministeriums und den vorgenannten Vertrag verwiesen. Da das FJU bei den Regelungen über das FSJ und FÖJ in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG nicht berücksichtigt sei, berufe er sich auf rechtlich geschützte Interessen, die sich aus Art. 3, 12 und 14 GG ergäben, sowie allgemeine steuerrechtliche Grundsätze, namentlich das Prinzip der Steuergerechtigkeit. Insoweit sei eine Gleichbehandlung geboten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf ihre Einspruchsentscheidung. Die vom Kläger vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken werden von der Beklagten nicht geteilt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogene Kindergeldakte Nr. … und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Ein Kind, welches das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, wird nach § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG beim Kindergeld berücksichtigt, wenn es ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres leistet.
2. Wie der Kläger selbst festgestellt hat, fällt das FJU nicht unter die vorgenannte Regelung, so dass deren unmittelbare Anwendung von vornherein nicht in Betracht kommen kann. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift lässt sich aber auch nicht aus den vom Kläger angeführten Bestimmungen des Verfassungsrechts (Art. 3, 12, 14 GG) oder den Grundsätzen des allgemeinen Steuerrechts herleiten.
2.1. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG –, dass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Steuergesetzen ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt ist. So hat er z.B. bei der Erschließung von Steuerquellen weitgehende Gestaltungsfreiheit. Will er eine bestimmte Steuerquelle erschließen, andere hingegen nicht, dann ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG so lange nicht verletzt, als sich die Verschiedenbehandlung mit finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen rechtfertigen lässt (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 2 BvR 1275/79, BStBl II 1984, 72). Gleiches hat für den umgekehrten Fall der Gewährung von Steuervergünstigungen, wie z.B. der Einräumung einer Steuervergütung, zu gelten.
Wird die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift unter dem Gesichtspunkt gerügt, sie sei mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar, so ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die vorgenannten verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. November 1984 1 BvR 1157/82, BStBl II 1985, 181). Ein Verstoß gegen d...