Entscheidungsstichwort (Thema)
Der Streitwert wegen Abzweigung von Kindergeld von unbestimmter Dauer entspricht dem Jahresbetrag ab Klageeingang
Leitsatz (redaktionell)
Begehrt der Kläger die Abzweigung von Kindergeld nicht nur auf unbestimmte Dauer für die Zukunft, sondern auch für vor Klageerhebung liegende Zeiträume, so ist der Streitwert nach dem Jahresbetrag der künftigen Ansprüche zuzüglich der für die Vergangenheit geltend gemachten Abzweigungsbeträge zu bemessen. Auf die Fälligkeit der auf die Zeit vor Klageerhebung entfallenden Beträge kommt es hierbei nicht an.
Normenkette
GKG § 13 Abs. 1-2, § 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1, § 25 Abs. 2 S. 1
Streitjahr(e)
1999, 2000
Tatbestand
I. Die Klägerin, eine ausländische Staatsbürgerin, lebt mit ihrem 1985 geboren Sohn in den N . Von dem in Deutschland lebenden Vater des Kindes, dem Beigeladenen, ist sie seit Mai 1996 geschieden. Im April 2000 beantragte die Klägerin die Auszahlung des Kindergelds an sich, weil der Vater für das Kind keinen Unterhalt gezahlt habe. Der Beklagte - die Familienkasse - setzte gegenüber dem Kindesvater rückwirkend Kindergeld ab Juli 1997 fest und verfügte die Abzweigung des Kindergelds der Monate Juli 1997 bis August 1999 an die Klägerin. Für die Monate ab September 1999 lehnte die Familienkasse dagegen die Abzweigung des Kindergelds ab und zahlte das Kindergeld an den Vater des Kindes aus.
Hiergegen erhob die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren im Dezember 2000 Klage mit dem Antrag, die Familienkasse zu verpflichten, das gegenüber dem Beigeladenen festgesetzte Kindergeld ab September 1999 an sie (die Klägerin) abzuzweigen. Das Gericht hat den Vater des Kindes zum Klageverfahren beigeladen. In der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2002 hat die Klägerin die Klage zurückgenommen. Das Gericht hat daraufhin das Verfahren eingestellt und der Klägerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen auferlegt.
Der Beigeladene beantragt durch seinen Prozessbevollmächtigten die Festsetzung des Streitwertes.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Streitwertfestsetzung durch das Gericht beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz -GKG-. Hiernach findet eine förmliche Streitwertfestsetzung im finanzgerichtlichen Verfahren nur statt, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse dies beantragt oder das Gericht die Streitwertfestsetzung für angemessen hält. Im vorliegenden Fall liegt ein entsprechender Antrag des Beigeladenen vor.
2. Die Höhe des Streitwerts ist gemäß § 13 Abs. 1 GKG im Ermessen des Gerichts grundsätzlich „nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache” zu bestimmen, wie sie sich im Zeitpunkt der Klageerhebung darstellt (§ 15 GKG). Für Kindergeldansprüche hat das Gesetz keine besondere gebührenrechtliche Regelung geschaffen; somit gelten die allgemeinen Grundsätze des GKG:
Hiernach ergibt sich die Bedeutung der Sache und damit die Höhe des Streitwerts, wenn der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt zum Gegenstand hat, ohne weiteres aus deren Höhe, § 13 Abs. 2 GKG. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen der Kläger in seinem Klageantrag die Dauer (Beginn und Ende) der begehrten Kindergeldleistung ausdrücklich (oder zumindest aus den Umständen ersichtlich) vorgegeben hat oder in denen sich der Rechtsstreit erkennbar auf ein Kalenderjahr beschränkt (z. B. bei dem Streit darüber, ob ein volljähriges Kind in einem bestimmten Kalenderjahr die schädliche Einkunftsgrenze überschritten hat).
3. Geht es um eine Kindergeldbewilligung auf unbestimmte Dauer bzw. -wie im Streitfall- um die Auszahlung (Abzweigung) von Kindergeld auf unbestimmte Dauer, so ist der Streitwert, soweit im Zeitpunkt der Klageerhebung zukünftige Kindergeldansprüche im Streit sind, entsprechend dem Rechtsgedanken des (für wiederkehrende Unterhaltsleistungen geltenden) § 17 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Jahresbetrag des Kindergeldes zu bemessen (BFH-Beschluss vom 24. Mai 2000 VI S 4/00, BFHE 192, 19, BStBl II 2000, 544, HFR 2000, 884 mit Anm. Fröschl; BFH-Beschlüsse vom 18. September 2001 VI R 134/00, BFH/NV 2002, 68 und vom 14. Dezember 2001 VI B 285/01, BFH/NV 2002, 534; FG Saarland, Beschluss des Vorsitzenden vom 13. Februar 1997 2 K 13/97, EFG 1997, 496; FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27. August 1997 1 K 164/96, EFG 1998, 111 [113]; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. März 1998 9 K 315/96, EFG 1998, 1526 [1528]; Oestreich/ Winter/ Hellstab, Kommentar zum GKG, Streitwertteil 6.2 Stichwort „Kindergeld”). Nach anderer Auffassung ergibt sich dieses Ergebnis ohne den Rückgriff auf § 17 Abs. 1 Satz 1 GKG unmittelbar aus § 13 Abs. 1 GKG (FG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Januar 1999 10 K 136/97 Kg, EFG 1999, 625 m.w.N.). Dagegen scheidet eine Rechtsanalogie zu § 17 Abs. 2 GKG oder § 17 Abs. 3 GKG (so jedoch FG Hamburg, Beschluss vom 11. März 1997 I 154/96, EFG 1997, 906) aus. Denn die Leistung von Kindergeld durch den Staat steht mit der Zielsetz...