rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrags auf Aussetzung der Vollziehung (Kraftfahrzeugsteuer)
Tenor
Die Vollziehung des Kraftfahrzeugsteuerbescheides vom 29. März 1996 wird ausgesetzt, soweit der Bescheid für den Zeitraum 16. Februar 1994 bis 29. März 1996 eine Kraftfahrzeugsteuer von 3.848,– DM festsetzt.
Im übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller zu 15 %, der Antragsgegner zu 85 %. Der Streitwert wird auf 446,– DM festgesetzt.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar.
Gründe
Streitig ist die Änderung eines Kraftfahrzeugsteuerbescheides gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung – AO –.
Der Antragsteller ist seit 16. November 1993 Halter des Fahrzeugs Toyota J 6 mit amtlichem Kennzeichen. Der Wagen, erstmals zugelassen am 29. April 1988, hat einen Dieselmotor und ist nicht schadstoffarm. Der Hubraum beträgt 3953 ccm, die zulässige Höchstgeschwindigkeit 155 km/h.
Mit Bescheid vom 16. September 1993 besteuerte der Antragsgegner den Wagen entsprechend der ihm von der Zulassungsstelle mitgeteilten Fahrzeugart als PKW. Weitere technische Daten des Fahrzeugs waren dem Antragsgegner damals nicht bekannt.
Anfang 1994 montierte der Antragsteller einen Anhängerblock, entfernte die Rücksitze sowie Sicherheitsgurte und baute eine Trennwand ein. Die Zulassungsbehörde stufte das Fahrzeug daraufhin am 16. Februar 1994 als LKW ein und teilte dem Antragsgegner (lediglich) das Ergebnis der neuen Beurteilung mit. Daraufhin besteuerte der Antragsgegner den Wagen in der Folgezeit als LKW.
Im Rahmen einer Anfang 1996 durchgeführten allgemeinen Überprüfung aller Personenkraftwagen, die als Lastkraftwagen eingestuft waren, übermittelte die Zulassungsstelle dem Antragsgegner eine Liste, die Hersteller und Typennummern der betreffenden Fahrzeuge, u.a. des Landcruiser des Antragstellers enthielt. Der Antragsgegner gelangte zu der Auffassung, es handele sich verkehrsrechtlich um einen PKW und änderte mit Bescheid vom 29. März 1996 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO die Besteuerung rückwirkend seit 16. Februar 1994.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat der Antragsteller Klage erhoben (Aktenzeichen 8 K 4391/96 Verk). Im vorliegenden Verfahren begehrt er die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides, die der Antragsgegner ablehnte.
Der Antragsteller macht geltend, aufgrund der dauerhaft vorgenommenen Änderungen stelle das Fahrzeug, das er überwiegend in der Landwirtschaft zu Transportzwecken einsetze, einen LKW dar. Erst recht sei eine rückwirkende Besteuerung des PKW nicht zulässig. Sein Vertrauen in die Einstufung als LKW durch die Zulassungsstelle sei schutzwürdig.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerbescheides auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner wendet ein, das Fahrzeug sei nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Konzeption des Herstellers auch nach dem Umbau als PKW einzuordnen. Die rückwirkende Änderung der Besteuerung verstoße nicht gegen Treu und Glauben, weil er keinerlei Kenntnis von den Fahrzeugdaten gehabt habe und sich Rückfragen ihm nicht hätten aufdrängen müssen.
Zwischenzeitlich wird das Fahrzeug lt. Bescheid vom 30. August 1996 seit 31. Juli 1996 wieder als LKW besteuert, da infolge weiterer Umbauten sich das Gewicht des Wagens seitdem auf mehr als 2.800 kg erhöht hat.
Der Antrag ist überwiegend begründet.
Die im Aussetzungsverfahren gebotene summarische Prüfung führt zu ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides im Sinne von § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –, soweit er eine rückwirkende Steuerfestsetzung für die Zeit bis zu seinem Erlaß vom 29. März 1996 enthält. Im übrigen ist die Rechtmäßigkeit des Bescheides nicht ernstlich zweifelhaft.
a) Gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.
Zwar dürften die dem Antragsgegner nachträglich bekanntgewordenen Tatsachen-Hersteller, Typ und Umbaumaßnahmenrechtserheblich sein. Sie sind für die objektive Beschaffenheit und das äußere Erscheinungsbild des Wagens bedeutsam und damit für die steuerliche Abgrenzung zwischen PKW und LKW relevant.
Jedoch kann die Finanzbehörde die Änderung eines Steuerbescheides nicht auf neue Tatsachen stützen, die sie bei gehöriger Erfüllung ihrer Ermittlungspflichten schon vor der Steuerfestsetzung hätte feststellen können. Diese Einschränkung ergibt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (ständige Rechtsprechung, etwa Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 10. Dezember 1991 VII R 10/90, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1992, 324, 325).
Nach diesen Grundsätzen verstößt hier eine rückwirkende Änderung der Besteuerung bei summarischer Prüfung gegen Treu und Glauben. Zwar handelt es sich bei dem Verfahren der Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer allgemein um ein Massenverfahren, bei dem die Finanzbehörde regelmäßig offenkundig...