rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Warten auf einen Ausbildungsplatz bei Anmeldung bei einer weiterführenden Schule durch einen Berufstätigen. Kindergeld
Leitsatz (amtlich)
Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG sind nicht schon erfüllt, wenn ein bereits Berufstätiger sich zu einer Berufsausbildung entschließt und sich daraufhin bei einer Ausbildungsstätte bewirbt. Diese Vorschrift erfordert neben der Ausbildungswilligkeit des Kindes ein Warten auf einen Ausbildungsplatz. Hiervon kann nur gesprochen werden, wenn eine Lücke zwischen einem beendeten Ausbildungs- bzw. Lebensabschnitt und einem neuen Ausbildungsabschnitt besteht.
Normenkette
EStG § 63 Abs. 1, § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c
Tenor
Unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Dezember 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. März 1999 wird der Beklagte verpflichtet, der Klägerin für die Monate August bis einschließlich Dezember 1998 Kindergeld in Höhe von 1.100 DM für ihren Sohn ‚K1’ zu gewähren.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am 8. Dezember 1976 geborene Sohn der Klägerin beendete im Juni 1996 seine Schulausbildung, leistete anschließend Zivildienst und war ab dem 1. August 1997 als Behindertenbetreuer in der berufstätig. Mit Schreiben vom 25. Januar 1998 bewarb er sich um einen Ausbildungsplatz bei der Fachschule für Heilerziehungspflege in. Im Mai 1998 wurde ein Schulvertrag über die Ausbildung zum staatlich anerkannten Heilerziehungspfleger unterzeichnet. Die Tätigkeit als Behindertenbetreuer übte der Sohn bis zum 31. Juli 1998 aus und erzielte für die Monate Januar bis einschließlich Juli 1998 ein Bruttogehalt von 21.482 DM. Seit dem 1. August 1998 besuchte er die Fachschule.
Die Klägerin beantragte am 25. August 1998 die Gewährung von Kindergeld ab August 1998. Der Beklagte lehnte am 16. Dezember 1998 diesen Antrag für die Monate August bis einschließlich Dezember 1998 ab und setzte insoweit das Kindergeld auf 0 DM fest: Die Klägerin sei aufgrund der Bewerbung ihres Sohnes bereits ab Januar 1998 kindergeldberechtigt. Dies folge aus § 32 Abs. 4 Nr. 2 c Einkommensteuergesetz -EStG-, wonach ein Kind berücksichtigt werde, das – wie ihr Sohn – eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen könne. Da aber sämtliche 1998 vom Sohn erzielten Einkünfte und Bezüge anzusetzen seien und die Einkunftsgrenze von 12.360 DM hierdurch erheblich überschritten werde, sei 1998 kein Kindergeld zu gewähren. Die Kindergeldzahlung könne erst ab Januar 1999 erfolgen.
Der hiergegen erhobene Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 17. März 1999).
Mit seiner Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Finanzgerichts -FG- Nürnberg vom 7. Mai 1998 VI 10/98 ist sie der Ansicht, die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2 c EStG seien nicht erfüllt. Die Anmeldung bei der Fachschule sei für sich allein kein Warten auf einen Ausbildungsplatz. Dies setze vielmehr eine mehr oder weniger große Lücke zwischen einem Lebens- oder Ausbildungsabschnitt und einem neuen Ausbildungsabschnitt voraus. Sie könne nicht dafür „bestraft” werden, daß ihr Sohn bis zum Beginn der Ausbildung berufstätig gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Dezember 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. März 1999 den Beklagten zu verpflichten, ihr für die Monate August bis einschließlich Dezember 1998 Kindergeld für ihren Sohn ‚K1’ zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Meinung, jedes Warten auf den Ausbildungsplatz falle unter § 32 Abs. 4 Nr. 2 c EStG, unabhängig davon, ob sich diese Regelung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Steuerpflichtigen auswirke.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten im Klageverfahren und die vom Gericht beigezogene Kindergeldakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Beklagte hat die Gewährung von Kindergeld ab August 1998 bis einschließlich Dezember 1998 zu Unrecht abgelehnt.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 iVm 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz -EStG- wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, u. a. bei der Gewährung von Kindergeld berücksichtigt, wenn es noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird (Buchst. a), sich in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten von höchstens vier Monaten befindet (Buchst. b) oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann (Buchst. c). Auch bei Vorliegen dieser Voraussetzungen wird nur dann Kindergeld gewährt, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, nicht mehr als 12.360 DM im Kalenderjahr 1998 betragen (Satz 2). Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 nicht vorl...