Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch: Taggenaue Berechnung des Übergangszeitraumes zwischen zwei Ausbildungsabschnitten
Leitsatz (redaktionell)
- Der Übergangszeitraum zwischen zwei Ausbildungsabschnitten von 4 Monaten, bei dessen Überschreitung insoweit der Kindergeldanspruch entfällt, aber auch die erzielten Einkünfte bei der Ermittlung der Einkunftsgrenze für die Ausbildungsmonate des gleichen Jahres außer Betracht bleiben, ist taggenau ab dem Ende des 1.Ausbildungsabschnitts zu berechnen. Für eine zum Nachteil des Steuerpflichtigen nur auf volle Kalendermonate abstellende Fristberechnung fehlt die gesetzliche Grundlage.
- Ein Kind, das im zuvor erlernten Beruf tätig wird und im direkten Anschluss hieran mit einer weiteren Ausbildung beginnt, wartet nicht i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG auf einen Ausbildungsplatz.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nrn. 2b, 2c, Sätze 2, 7; AO § 108 Abs. 1; BGB §§ 187-188; DA-FamEStG 63.3.3 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Der am 28.01.1977 geborene Sohn der Klägerin wurde in der Zeit vom 01.04.1998 bis 11.05.1999 zum Krankenpflegerhelfer ausgebildet. Die staatliche Prüfung in der Krankenpflegehilfe bestand er am 11.05.1999. Ab dem 12.05.1999 bis zum 30.09.1999 arbeitete er im … Krankenhaus … als Krankenpflegerhelfer. Danach schied er aus. Bis einschließlich Mai 1999 bezog er Einkünfte in Höhe von 4.198,75 DM. Am 01.10.1999 kam ein Ausbildungsvertrag zum Krankenpfleger zwischen ihm und dem … zustande. Mit dieser Ausbildung begann er am selben Tag. In der Zeit von Oktober 1999 bis einschließlich Dezember 1999 erzielte er Einkünfte in Höhe von 2.258,42 DM. Zuvor - in der Zeit von Juni 1999 bis September 1999 - hatte er einen Bruttoarbeitslohn von 14.806,35 DM erhalten. Weitere Einkünfte und Bezüge bekam er im Streitjahr 1999 nicht.
Im Februar 2000 beantragte die Klägerin beim beklagten Arbeitsamt, für ihren Sohn Kindergeld für die Monate Januar 1999 bis Mai 1999 sowie ab dem 01.10.1999 zu gewähren, weil dieser nur während dieser Monate in Berufsausbildung gewesen sei. Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 28.02.2000 den Kindergeldantrag ab. Der Klägerin habe während des gesamten Streitjahres 1999 ein Kindergeldanspruch zugestanden, so dass sämtliche 1999 erhaltenen Einkünfte und Bezüge einzubeziehen seien. Während des gesamten Streitjahrs habe der Sohn … Einkünfte und Bezüge erhalten, welche die maßgebliche Einkunftsgrenze von 13.020 DM erheblich überschritten hätten.
Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch. Ihr Sohn habe per Zufall im September 1999 einen Ausbildungsplatz zum Krankenpfleger erhalten. Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 19.07.2000 den Einspruch als unbegründet zurück. Er war der Ansicht, die Klägerin habe während des gesamten Jahres Anspruch auf Kindergeld. Für die Monate Juni bis September 1999 liege eine Übergangszeit nach § 32 Abs. 4 Nr. 2b Einkommensteuergesetz -EStG- vor, so dass auch das während dieser Zeit erzielte Bruttoarbeitsentgelt anzusetzen sei.
Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, der Zeitabschnitt zwischen beiden Ausbildungsabschnitten dürfe nicht berücksichtigt werden. Zum einen liege keine Übergangszeit vor. Diese dürfe nämlich höchstens vier Monate betragen (hier: vier Monate und 20 Tage). Zum anderen handele es sich nicht um einen Ausbildungsabschnitt, weil der Beruf des Krankenpflegerhelfers ein abgeschlossener Beruf sei. Der Beruf des Krankenpflegers sei ein neuer Beruf; die Ausbildung hierzu betrage drei Jahre. In der Zwischenzeit sei der Sohn … nicht ausbildungswillig gewesen. Die Entscheidung, eine weitere Ausbildung zu beginnen, sei definitiv erst am 01.10.1999 getroffen worden. Mit der bestandenen Prüfung am 11.05.1999 habe der Sohn seine Berufsbildung zum Krankenpflegerhelfer abgeschlossen. Er hätte diesen Beruf weiter ausüben können. Auch bei einem Maurer folge nicht zwangsläufig die Ausbildung zum Maurermeister.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Bescheides vom 28.02.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.07.2000 den Beklagten zu verpflichten, Kindergeld für den Zeitraum von Januar bis Mai 1999 sowie Oktober bis Dezember 1999 (8 Monate) in Höhe von insgesamt 2.000 DM festzusetzen;
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, der Sohn … sei das gesamte Streitjahr 1999 zu berücksichtigen. Entscheidend sei, ob objektiv der nächste Ausbildungsabschnitt innerhalb der Frist von vier Monaten begonnen habe. Dies sei hier der Fall. Der nächste Ausbildungsabschnitt müsse in dem Monat nach Ablauf des vierten vollen Kalendermonats, in dem sich das Kind nicht in Ausbildung befunden habe, beginnen. Als Ausbildungsabschnitte seien nicht nur Teile einer auf einen bestimmten Beruf gerichteten Ausbildung, wie bei einer Stufenausbildung, sondern auch volle, in sich geschlossene Ausbildungsgänge mit unterschiedlichen Berufszielen anzusehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten im Klageverfahren und die v...