Entscheidungsstichwort (Thema)
Margenbesteuerung bei Pauschalreisen unabhängig von der Einstufung als Reiseveranstalter oder als Reisevermittler
Leitsatz (redaktionell)
- Der umsatzsteuerlichen Margenbesteuerung zu unterwerfende Reiseleistungen sind nicht nur Leistungsgesamtheiten (z. B. Pauschalreisen), sondern auch Einzelleistungen wie die Unterbringung in Mobilheimen auf Campingplätzen.
- Der lediglich in den AGB enthaltene Hinweis auf eine bloße Vermittlerstellung ist unbeachtlich, wenn Reisekatalog und Buchungsformulare den Eindruck erwecken, dass Reisen im eigenen Namen angeboten werden.
- Für die Inanspruchnahme von Reisevorleistungen durch einen Veranstalter sind die tatsächlichen Umstände der Leistungsausführung gegenüber den Reisenden maßgebend; auf die umsatzsteuer- oder zivilrechtlichen Beziehungen kommt es nicht an.
- Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (Abschnitt 32 Abs. 4 Satz 5 UStR) findet § 25 UStG nach den Grundsätzen der Dienstleistungskommission auch bei einem Handeln des Unternehmers im eigenen Namen auf fremde Rechnung Anwendung.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 11, § 3a Abs. 1, § 25; RL 77/388/EWG Art. 6 Abs. 4; BGB § 651a Abs. 2
Streitjahr(e)
1999, 2000
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Reiseveranstalterin oder als Vermittlerin von Reiseleistungen tätig geworden ist.
Die Klägerin bietet Privatreisenden u.a. die Unterbringung in Mobilheimen auf Campingplatzen im Ausland (z. B. Frankreich, Italien) an. In den Umsatzsteuererklärungen 1999 und 2000 gab sie die hierauf entfallenden Umsätze (1999: 382.220 DM; 2000: 165.440 DM) als nicht steuerbar an, weil sie die Ansicht vertrat, insoweit Vermittlungsleistungen im Ausland erbracht zu haben. Nachdem der Beklagte den Erklärungen zunächst zugestimmt hatte, gelangte er im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung zum Ergebnis, dass diese Umsätze der Margenbesteuerung nach § 25 des Umsatzsteuergesetzes – UStG – unterliegen (Prüfungsbericht vom 14. 05. 2001); die Klägerin habe keine Vermittlungsleistungen erbracht, sondern – vergleichbar einer Reiseveranstalterin – Reiseleistungen im eigenen Namen.
Die gegen die entsprechend erlassenen Änderungsbescheide vom 29. 06. 2001 eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 22. 09. 2004 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die Klage, die die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet: Ihre Tätigkeit unterfalle nicht dem Anwendungsbereich des § 25 UStG. Sie habe bereits keine Reiseleistungen im eigenen Namen erbracht. Stattdessen sei sie im Außenverhältnis gegenüber den Kunden im fremden Namen – nämlich im Namen der Campingplatzbetreiber – aufgetreten. In den Streitjahren habe sie ihre Angebote noch mit dem Katalog „Camping mit Komfort” unterbreitet. Dort werde zwar nicht auf dem Deckblatt, aber in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf ihre Vermittlerstellung hingewiesen. Bereits die Reservierungsbestätigung benenne den Leistungsträger; in der Wegstreckenbeschreibung werde ausdrücklich ihre Vermittlerrolle genannt. Die Vermittlerstellung scheitere auch weder an ihrer Inkassovollmacht noch daran, dass die Rechnungen ihre Vermittlungsprovision nicht offen auswiesen. Die Margenbesteuerung sei auch deshalb rechtswidrig, weil sie, die Klägerin, jedenfalls auf fremde Rechnung gehandelt habe. Sie sei im Innenverhältnis auf Rechnung der Campingplatzbetreiber tätig gewesen, von denen sie Provision erhalten habe; sie selbst habe kein Vertriebs- oder Leerstandsrisiko getragen. Bei Handeln zwar im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung träten die Rechtsfolgen der sog. Dienstleistungskommission ein. Eine Margenbesteuerung nach § 25 UStG scheitere dann schon deshalb, weil sie keine Reisevorleistungen in Anspruch genommen habe; das (die Anwendung des § 25 UStG bejahende) BFH-Urteil vom 07. 10. 1999 V R 79, 80/98, BStBl II 2004, 308, betreffe einen anderen Sachverhalt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die angefochtenen Änderungsbescheide zur Umsatzsteuer 1999 und 2000 ersatzlos aufzuheben,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte wendet im Wesentlichen Folgendes ein: Die Klägerin sei in den Streitjahren als Reiseveranstalterin tätig gewesen. Nach der Vertragsgestaltung und aus Sicht der Reisenden sei sie im eigenen Namen aufgetreten. Der Prospekt unterscheide sich nicht vom Katalog eines Reiseveranstalters. Einen Hinweis auf eine Vermittlerstellung enthielten weder das Titelblatt noch die Beschreibungen der angebotenen Leistungen. Mit dem Text spreche die Klägerin die Kunden selbst an, weise auf eine Verbesserung „ihres” Angebots und eine Erweiterung „ihrer” Reiseziele hin. Sie erkläre sich zuständig für die Entgegennahme von Mängelanzeigen und übernehme die Haftung für den ordnungsgemäßen Zustand der Campingplätze; der Kunde entrichte einen einheitlichen Mietpreis ohne Auswei...