Entscheidungsstichwort (Thema)
Tätigkeitsort einer Auslandskorrespondentin i.S.d. Art. 15 Abs.1 DBA-Österreich
Leitsatz (redaktionell)
- Der Tätigkeitsort einer im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen, von ihrem inländischen Arbeitgeber in Österreich eingesetzten und von dort publizierenden Auslandskorrespondentin ist auch insoweit im Sinne des Art. 15 Abs.1 DBA-Österreich in Österreich belegen, als sie von ihrem Redaktionsbüro in Österreich aus Dienstreisen in die angrenzenden Länder für vorbereitende Recherchen unternommen hat.
- Unterschiedsbeträge zwischen dem bescheinigten Arbeitslohn und dem von der Steuerpflichtigen in Österreich in ihren Steuererklärungen erklärten Arbeitslohn können nur nach § 50d Abs. 8 EStG von der Freistellung ausgenommen werden, wenn festgestellt werden kann, dass sie nicht auf sachlichen Gründen, sondern auf unvollständigen Angaben der Steuerpflichtigen beruhen.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 1, §§ 19, 32b, 50d Abs. 8; DBA Österreich Art. 15 Abs. 1, 2 Buchst. a, Abs. 4
Streitjahr(e)
2006, 2007
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Einkünfte für die berufliche Tätigkeit der Klägerin als Auslandskorrespondentin in Österreich in den Streitjahren 2006 und 2007 in Deutschland nur im Wege des Progressionsvorbehalts bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen sind.
Die Klägerin wird zusammen mit ihrem Ehemann in Deutschland zur Einkommensteuer veranlagt. Sie unterhält in Deutschland ihren Familienwohnsitz und arbeitete 2006 und 2007 in Österreich als Auslandskorrespondentin. Das Finanzamt hatte dem Arbeitgeber der Klägerin, dem Spiegel-Verlag in Hamburg, mit Bescheinigungen vom 16. November 2005 und 7. Dezember 2007 mitgeteilt, dass der Arbeitslohn der Klägerin nach § 39d Abs. 3 Satz 4 i. V. m. § 39b Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA Österreich 2000; Bundessteuerblatt – BStBl – I 2002, 584) nicht dem Steuerabzug in Deutschland unterliege. Gemäß Einkommensteuerbescheiden des Finanzamtes in Österreich vom 26. Juli 2007 und vom 7. September 2009 wurde die Klägerin für 2006 und 2007 mit ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Auslandskorrespondentin in Österreich zur Einkommensteuer in Österreich veranlagt. Im Einkommensteuerbescheid des Beklagten für 2006 vom 27. Januar 2009 wurde die für die Tätigkeit der Klägerin in Österreich gezahlte Vergütung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ebenfalls der Einkommensteuer in Deutschland unterworfen. In den Erläuterungen des Steuerbescheids heißt es dazu:
„Die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit der Ehefrau wurden als steuerpflichtig angesetzt,... Es wurde nicht nachgewiesen, dass.... (die Klägerin) sich länger als 183 Tage in Österreich aufgehalten hat oder der Arbeitslohn von einer österreichischen Betriebsstätte gezahlt worden ist.”
Die gleiche Handhabung nahm der Beklagte im Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Oktober 2009 vor. Dort heißt es in den Erläuterungen:
„Wie auch für den Veranlagungszeitraum 2006 erläutert, ist noch nicht geklärt, ob Österreich das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn der Ehefrau hat. Da Sie aber auch nach mehrmaliger Aufforderung keinen Versteuerungsnachweis gemäß § 50d Abs. 8 EStG erbracht haben, wird der Arbeitslohn der Ehefrau in Deutschland steuerpflichtig gestellt.”
Die am 20. Februar 2009 und am 26. Oktober 2009 eingelegten Einsprüche hatten teilweise Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011). Weil die Klägerin in ihren mit den Einkommensteuererklärungen vorgelegten Unterlagen zu ihrer Tätigkeit in Österreich in den Streitjahren Reisekosten für Reisen in Drittstaaten außerhalb von Österreich geltend gemacht hatte, kürzte der Beklagte die nunmehr von ihm von der Besteuerung in Deutschland freigestellten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Österreich um diese Reisetage, und zwar für 2006 um 15/220stel oder anteilmäßig 4.182,21 Euro und für 2007 um 30/220stel oder 11.668,71 Euro. Diese Beträge unterwarf er ebenso wie Unterschiedsbeträge zwischen Arbeitslohnbescheinigungen des Arbeitgebers der Klägerin und den Einkünfteangaben in den österreichischen Steuerbescheiden von 1.948,44 Euro (2006) und 2.074,01 Euro (2007) zusätzlich der Besteuerung in Deutschland.
Mit der Klage tragen die Kläger vor:
Zu den Aufgaben der Klägerin als Auslandskorrespondentin in Österreich habe die Berichterstattung über die angrenzenden Länder (z. B. Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Ungarn, Kroatien) gehört. Dazu sei es erforderlich gewesen, im Rahmen der Recherchetätigkeit gelegentlich von Österreich aus Dienstreisen in diese Länder zu unternehmen. Die Heranziehung der auf diese Reisetage entfallenden Einkünfte zur Einkommensteuer in Deutschland und die hier vorgenommene Besteuerung verstoße gegen Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich 2000. Danach sei das Besteuerungsrecht...