Entscheidungsstichwort (Thema)
Außenprüfung zur Ermittlung von Einkünften aus Kapitalvermögen und Spekulationseinkünften bei Wohnsitz in den USA
Leitsatz (redaktionell)
- Das bei einem Steuerpflichtigen mit außerordentlich hohen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit und vergleichsweise geringen erklärten Kapitaleinkünften bestehende Aufklärungsbedürfnis kann ermessensfehlerfrei anstelle einer Prüfung an Amtsstelle im Rahmen der Veranlagungsarbeiten die Anordnung einer – bei ausländischem Wohnsitz ggf. an Amtsstelle durchzuführenden – Außenprüfung rechtfertigen, wenn die Sichtung der anzufordernden Unterlagen voraussichtlich nicht unerheblichen Aufwand erfordert.
- Die nicht zeitgleiche Entscheidung über den Prüfungsort bei Zurückweisung des Einspruchs gegen die Prüfungsanordnung rechtfertigt keine Untätigkeitsklage.
Normenkette
AO § 193 Abs. 2 Nr. 2, § 200 Abs. 2 S. 1; BpO § 6; FGO § 44 Abs. 1, § 46 Abs. 1 S. 1, § 102
Streitjahr(e)
1998, 1999, 2000, 2001
Nachgehend
Tatbestand
Der seinerzeit in K wohnhafte Kläger war bis zum 31. August 2000 als Geschäftsführer nichtselbständig tätig. Ausweislich der Lohnsteuerkarten betrug sein Bruttoarbeitslohn in den Jahren 1998 bis 2000 1.318.129.- DM (1998), 877.286.- DM (1999) und 1.804.422.- DM (2000). Im Jahre 2001 verlegte der Kläger seinen Wohnsitz in die USA.
Am 05. September 2001 ordnete der Beklagte bei dem Kläger eine steuerliche Betriebsprüfung an, die sich auf die Einkommensteuer 1998 bis 2000 erstrecken sollte. Als Prüfungsbeginn war der 23. Oktober 2001 und als Prüfungsort - unter Hinweis auf das Nichtvorhandensein eines inländischen Wohnsitzes - das beklagte Finanzamt vorgesehen. Die auf § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO gestützte Prüfungsanordnung begründete der Beklagte damit, dass der Kläger aufgrund der in 1998 erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als sog. „Einkunftsmillionär” einzustufen sei. In derartigen Fällen stünden dem Steuerpflichtigen so außerordentlich hohe Mittel zur freien Verfügung, dass Ermittlungen über deren Verwendung (z. B. Anlage als Kapitalvermögen, Erzielung von Spekulationseinkünften usw.) erforderlich erschienen. Eine Prüfung an Amtsstelle beim Finanzamt sei nicht zweckmäßig, da die Prüfung umfangreicher Unterlagen (z. B. Depotauszüge, Abrechnungen über Wertpapierkäufe und -verkäufe, Kontoauszüge usw.) erforderlich sei.
Gegen die Anordnung der Betriebsprüfung sowie die Festlegungen des Prüfungsortes und des Prüfungsbeginns erhob der Kläger Einspruch und machte geltend, die Voraussetzungen des § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO lägen nicht vor. Die Bestimmung der Amtsräume des Beklagten als Prüfungsort stehe in offensichtlichem Widerspruch dazu, dass § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO die Zulässigkeit einer Außenprüfung davon abhängig mache, dass eine Prüfung an Amtsstelle unzweckmäßig sei. Zudem bedürften die steuerlichen Verhältnisse des Klägers keiner Aufklärung. Der pauschale Hinweis des Beklagten auf außerordentlich hohe, zur freien Verfügung des Steuerpflichtigen stehende Mittel treffe auf den Kläger nicht zu. Zudem könne die gewünschte Aufklärung vorliegend auch durch Einzelermittlungen erreicht werden. Den Kläger treffe auch weder eine Aufbewahrungs- noch eine Beschaffungspflicht hinsichtlich Bankunterlagen, so dass eine Außenprüfung unzweckmäßig und unverhältnismäßig sei. Die Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung ergebe sich schließlich auch aus ihrer fehlenden Durchsetzbarkeit in den USA.
Zudem sei die Festlegung des Prüfungsortes rechtswidrig, weil die Wohnräume des Steuerpflichtigen gegenüber der Amtsstelle vorrangiger Prüfungsort seien. Insoweit könne der Beklagte die amerikanische Finanzverwaltung um Amtshilfe bitten. Die Festlegung des Prüfungsortes sei jedenfalls unverhältnismäßig, weil es dem Kläger nicht zuzumuten sei, auf seine Kosten mit seinen Unterlagen nach M zu reisen. Auch ein Versand auf eigene Kosten sei angesichts der Unzuverlässigkeit des Postverkehrs nicht zumutbar.
Mit Verfügung vom 17. Oktober 2001 hob der Beklagte die Festlegung des voraussichtlichen Prüfungsbeginns auf. Den Einspruch gegen die Prüfungsanordnung wies er mit einer am 02. April 2002 zur Post gegebenen Einspruchsentscheidung als unbegründet zurück. Darin führte er aus, die Voraussetzungen des § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO seien im Streitfall erfüllt. Eine auf diese Vorschrift gestützte Außenprüfung komme insbesondere bei Steuerpflichtigen mit umfangreichen und vielgestaltigen Überschusseinkünften in Betracht. Angesichts der außerordentlich hohen Mittel, die dem Kläger zur freien Verfügung gestanden hätten, und den im Vergleich hierzu relativ geringen Kapitaleinkünften seien Ermittlungen über die Mittelverwendung erforderlich. Unter diesem Gesichtpunkt sei auch die Ende 2000 erfolgte Einlage in die „Gemeinsame Beteiligungsgesellschaft für Wertpapierhandel bR” zu überprüfen. Ob eine Prüfung an Amtsstelle oder eine Außenprüfung angezeigt sei, entscheide die Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen. Im Streitfall sei ei...