Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerpflicht bei treuhänderischer Tätigkeit für ausländische Anleger
Leitsatz (redaktionell)
Treuhandleistungen, welche aufgrund von mit ausländischen Anlegern bestehenden Treuhandverträgen für diese erbracht werden, können bei Auslegung des § 3 Abs. 3 UStG entsprechend Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG umsatzsteuerlich nicht berücksichtigt werden.
Normenkette
UStG 1991 § 3 Abs. 3, 9, § 4 Nr. 8a; EWGRL 388/77 Art. 6 Abs. 4; FGO § 100 Abs. 1 S. 4; UStG 1993 § 3 Abs. 3, 9, § 4 Nr. 8a
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin war als Gesellschaft mit beschränkter Haftung in den Streitjahren in dem Bereich der Überwachung und Betreuung des Baus von ... unternehmerisch tätig. Nebenher erzielte die Klägerin Provisionseinnahmen durch die Anlage von Geldern ausländischer Firmen mit Sitz u. a. in Ausland A und Ausland B bei inländischen Banken aufgrund von mit den ausländischen Geldgebern abgeschlossenen Treuhandverträgen. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die den Provisionseinnahmen zugrundeliegenden Umsätze der Klägerin steuerpflichtig sind.
Die Klägerin hatte die ihr von den ausländischen Firmen zur Verfügung gestellten Geldbeträge im eigenen Namen bei inländischen Banken als Termingelder angelegt, wobei für jeden Auftraggeber jeweils ein eigenes Konto angelegt wurde. Für diese Tätigkeit erhielt die Klägerin von den ausländischen Treugebern ein Entgelt in Höhe einer Zinsmarge. Grundlage dieser Tätigkeit waren ab 1992 Treuhandverträge der Klägerin mit den im Ausland ansässigen Firmen, die u. a. folgende Bestimmungen enthielten: Die Klägerin sollte aufgrund dieser Verträge nach außen - im Verhältnis zu den inländischen Banken - als Treuhänderin wie eine Eigentümerin des Treuguts auftreten und im Innenverhältnis das Treugut im Interesse der Treugeber verwalten. Die Klägerin war nach den Treuhandverträgen verpflichtet, ihre Rechte und Pflichten als treuhänderische Kontoinhaberin nach den Anweisungen der Treugeber auszuüben bzw. zu erfüllen. Für den Fall, daß der Klägerin keine Anweisungen erteilt würden, sollte sie im Interesse der Treugeber handeln. Sie war weiterhin gegenüber den Treugebern zur Rechnungslegung und Auskunftserteilung verpflichtet sowie - nach Aufforderung durch den jeweiligen Treugeber - zur Herausgabe dessen, was sie aufgrund der Treuhandverhältnisse erlangte. Außerdem trat die Klägerin in den Treuhandverträgen die durch die Treuhandtätigkeit bei den inländischen Banken auf ihren Namen lautenden Guthaben nebst Zinsansprüchen an den jeweiligen Treugeber ab.
Für ihre Treuhandtätigkeit sollte die Klägerin von den Treugebern ein angemessenes Entgelt erhalten, dessen Höhe aufgrund besonderer Vereinbarungen in jedem Einzelfall gesondert ausgehandelt werden sollte. Auf den Inhalt der sich bei den Steuerakten der Klägerin befindlichen Verträge mit den Treugebern wird im folgenden Bezug genommen.
Die Klägerin behandelte die ihr aus ihrer Treuhandtätigkeit erzielten Erlöse in ihren Umsatzsteuererklärungen als steuerfrei gemäß § 4 Nr. 8 a Umsatzsteuergesetz - UStG -, da sie die Auffassung vertritt, sie sei als verdeckter Kreditvermittler bzw. verdeckter Kreditverwalter tätig geworden. Das beklagte Finanzamt gelangte demgegenüber aufgrund einer bei der Klägerin durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung betreffend die Streitjahre zu der Auffassung, daß die Treuhandtätigkeit der Klägerin nach der Art ihrer Durchführung und dem Inhalt der Treuhandverträge als nicht steuerbefreite Vermögensverwaltung für die ausländischen Treugeber anzusehen sei. Das FA erließ daraufhin am 14. 2. 1995 Umsatzsteueränderungsbescheide für 1992 und 1993 bzw. am 10. 2. 1995 und am 23. 3. 1995 den streitigen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Juni 1994 und den Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungsbescheid für 1995, in denen es die steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin entsprechend der von ihr aus der Treuhandtätigkeit erzielten Entgelte erhöhte.
Nachdem der Einspruch der Klägerin gegen diese Bescheide durch Einspruchsentscheidung vom 14. 12. 1995 als unbegründet zurückgewiesen wurde, begehrt sie nunmehr die Aufhebung dieser Bescheide im Wege der Klage, wobei sie den zwischenzeitlich ergangenen Umsatzsteuerjahresbescheid 1994 vom 27. 12. 1995 gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung - FGO - zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht hat.
Die Klägerin trägt vor, sie sei gegenüber den inländischen Banken nicht im eigenen Namen aufgetreten. Vielmehr habe sie gegenüber den Banken erwähnt, daß sie neben eigenen Geldern auch fremde Gelder, die ihr treuhänderisch überlassen worden seien, auf den auf ihren Namen lautenden Konten anlege. Die von ihr gegenüber den ausländischen Anlegern erbrachten Leistungen seien als verdeckte Kreditvermittlungen zu qualifizieren, die gemäß § 4 Nr. 8 a UStG steuerfrei zu belassen seien. Nach den Treuhandverträgen habe die wesentliche Aufgabe der Klägerin darin bestanden, die treuhänderisch überlassenen Geldbeträge zur kurzfristig...